Camerons EU-Diplomatie im Windschatten der Königin

London · Beim Gipfel in Brüssel wird sich fast alles um Griechenland drehen. Doch der britische Premier David Cameron reist mit seiner eigenen Agenda an. Wie praktisch, dass die allseits beliebte Queen gerade in Berlin zu Gast ist.

Klüger hätte David Cameron es kaum anstellen können. Nur Stunden, nachdem die Queen bei Angela Merkel (CDU ) im Kanzleramt vorbeischauen wollte, hatte der britische Premier sich bei der Kanzlerin angemeldet. "Piggybacking" nennen das die Briten, Cameron reitet Huckepack. Und das könnte der 48-Jährige nötig haben. Den von der Griechenland-Krise gestressten EU-Ländern wird er auf dem Brüsseler Gipfel ab heute mit seinen Sonderwünschen nach EU-Reformen in den Ohren liegen. Ein bisschen Briten-Begeisterung in Berlin kann da vorab nicht schaden.

Ob Elizabeth II. bei der Kanzlerin ein gutes Wort für ihren Premier einlegt, wird ein Geheimnis bleiben. Camerons Sorgen kennt die 89-Jährige jedenfalls, schließlich empfängt sie ihn einmal pro Woche zur Audienz. "In 60 Jahren Regierungszeit der Queen ist aus Gesprächen, die sie geführt hat, nie etwas herausgedrungen", hatte Regierungssprecher Steffen Seibert vor dem Besuch angemerkt. "Das wird ganz sicherlich auch nicht so sein, wenn sie nach Berlin kommt."

Spätestens 2017 sollen die Briten per Referendum abstimmen, ob sie in der EU bleiben. Zuletzt berichteten Medien von einem Termin im Herbst 2016. Damit hätte Cameron nicht mal mehr eineinhalb Jahre, um seine Landsleute vom Nutzen der EU zu überzeugen. Nachdem er selbst jahrelang viel Unbill auf Brüssel geschoben hat, kann er die EU nun nicht einfach gutheißen. Reformen müssen her, sagt Cameron, und dafür braucht es Vertragsänderungen .

Er setzt dabei vor allem auf Merkel. Mit ihrem "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg" hat die Kanzlerin bei den Briten zuletzt den Eindruck erweckt, sie stehe voll hinter ihnen. Das stimmt insofern, als sie den EU-Austritt des Königreichs aus guten Gründen verhindern will. Allerdings versetzte ihr Parteikollege Norbert Röttgen , Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, den Hoffnungen kurz darauf einen Dämpfer: Vertragsänderungen seien utopisch. Arbeitnehmerfreizügigkeit und Gleichbehandlung für EU-Ausländer seien unantastbar. Selbst Zugeständnisse zur Gesichtswahrung seien schwierig, sagte er in London . Längst ist klar, dass nicht nur die rechtspopulistische Ukip für ein "No" zur EU trommeln wird - wohl ganz unabhängig von Camerons Erfolg oder Misserfolg in Brüssel. Doch was wäre eigentlich ein Erfolg? Beharrlich weigert sich der Premier, das darzulegen.

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