Mammutaufgabe für die Wissenschaft

Paris · 60 Jahre nachdem die DNA-Struktur erstmal entschlüsselt wurde, stehen Wissenschaftler kurz davor, ausgestorbene Tierarten zu klonen. Moralische Bedenken werden dabei eher beiseite gestoßen.

Durch die sibirische Tundra streifende Mammuts, brüllende Säbelzahntiger und jagende Höhlenlöwen? Was nach einer Neuauflage des Hollywood-Erfolgs "Jurassic Park" klingt, ist für viele Wissenschaftler ein ganz realistisches Szenario. Denn Forscher weltweit arbeiten an Möglichkeiten, mit Hilfe der Gentechnik längst ausgestorbene Tierarten wieder zum Leben zu erwecken. Technisch scheint das Klonen von schon vor Zehntausenden von Jahren gestorbenen Tieren möglich. Erst im März gaben Forscher an der australischen Universität von New South Wales bekannt, Genmaterial einer seit Anfang der 80er Jahre ausgestorbenen Froschart in entkernte Eizellen einer verwandten Art eingepflanzt zu haben. Tatsächlich entwickelten sich Embryonen, die aber alle innerhalb weniger Tage starben. Bereits 2009 war erstmals eine ausgestorbene Tierart wieder zum Leben erweckt worden, allerdings nur für kurze Zeit: Ein von einer Ziege ausgetragener Klon des 2000 gestorbenen letzten Pyrenäen-Steinbocks starb wenige Minuten nach seiner Geburt wegen einer Lungen anomalie.

Von den Rückschlägen lassen sich die Forscher nicht entmutigen. 60 Jahre, nachdem den Biochemikern Francis Crick und James Watson am 25. April 1953 die Entschlüsselung der DNA-Struktur und damit ein Meilenstein in der Genforschung gelang, rechnen Wissenschaftler mit einem baldigen Durchbruch beim Klonen ausgestorbener Tierarten. Tatsächlich arbeiten Wissenschaftler bereits an der Wiederauferstehung einer ganzen Reihe ausgestorbener Tiere: Australische Forscher wollen den Tasmanischen Tiger klonen, ein Beuteltier, das in den 30er Jahren ausstarb. Und in Japan kündigten Wissenschaftler 2011 an, binnen sechs Jahren das in der letzten Eiszeit ausgestorbene Mammut neu erschaffen zu wollen.

Was die Forscher brauchen, sind Gewebestücke der Tiere mit ausreichend gut erhaltenem DNA-Material. Mit bis zu 200 000 Jahre alter DNA könnte ein Klonen möglich sein - ein "Jurassic Park" mit den bereits vor rund 65 Millionen Jahren ausgestorbenen Dinosauriern ist also völlig utopisch. Andere Tiere aus grauer Vorzeit könnten aber durchaus wieder zum Leben erweckt werden: "Wenn kein Gesetz es verbietet und die ethischen Standards ausgearbeitet sind, könnten ganze Landstriche in Sibirien mit Mammuts und Höhlenlöwen neu besiedelt werden", sagt der Genetik-Forscher Poinar. "Die Frage ist: Sollen wir das tun?"

Für die Soziologin Carrie Friese wird diese moralische Frage nicht ausreichend gestellt. Bei der Begeisterung für die technischen Möglichkeiten drohe außer Acht gelassen zu werden, was mit den geklonten Lebewesen passiere. Denn viele Tierarten starben aus, weil ihr natürlicher Lebensraum zerstört wurde. Ihre geklonten Nachfahren wären vermutlich zu einem Leben im Zoo verdammt, zumal sie keine Eltern hätten, die ihnen etwa das Jagen beibringen könnten. "Ein Tier ist mehr als sein Erbgut", sagt Friese. Einwände, die der Bioethiker Hank Greely von der Universität Stanford nicht gelten lassen will. "Ich denke, der beste Grund es zu tun ist, dass es einfach überwältigend wäre. Es wäre wirklich cool."

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