In Rom regnet es Vogelkot

Rom · Weder Megafone noch lebende Falken konnten bisher in Rom gegen die Stare helfen. Der Agrarverband für die Provinz Lazio und Rom gibt den Behörden Schuld. Sie hätten zu spät auf die absehbare Plage reagiert.

Wenn die Römer dieser Tage den Regenschirm aufspannen, dann liegt das kaum am Wetter. Denn über der Ewigen Stadt scheint in diesem Dezember fast jeden Tag die Sonne. Doch statt Wasser fällt vor allem entlang des Tibers massenweise Vogelkot aus der Höhe herab. Millionen von Staren haben seit dem Spätherbst Rom in Beschlag genommen. Am Himmel beeindrucken sie mit kühnen Flugformationen, doch dann lassen sie sich auf den Bäumen nieder - um sich zu entleeren. Das gibt unschöne Flecken auf Jacken und Mänteln, besonders fies ist ein Volltreffer auf den Kopf. Autos, die zu lange an einer Stelle parken, werden bis zur Unkenntlichkeit eingekleistert. Auf den verdreckten Parkbänken kann man schon lange nicht mehr sitzen, ohnehin riecht es in Parks und auf Uferwegen streng nach "guano", wie der Starenkot von den Italienern auch genannt wird. In manchen Stadtvierteln wird sogar der heimische Balkon zur "No-Go-Area".

Die Landwirte in und um Rom klagen über Schäden auf ihren Feldern, und in der Stadt werden die Massen an Exkrementen zum Verkehrshindernis. Als es am Donnerstag ausnahmsweise mal ein paar Tropfen regnete, wurde die Lage kritisch. Entlang des Tibers wurden die verkoteten Straßen so glitschig, dass je ein Abschnitt der Lungotevere-Uferstraßen auf beiden Seiten des Flusses zeitweilig gesperrt werden musste. Ein Verkehrschaos in der Altstadt am letzten Einkaufstag vor Weihnachten war die Folge.

Der Präsident des Agrarverbandes Coldiretti für die Provinz Lazio und Rom , David Granieri, warf den Behörden vor, viel zu spät auf die absehbare Starenplage reagiert zu haben. Jetzt versuchen städtische Bedienstete, die Stare mit Megafonen zu vergraulen, die die Geräusche von Raubvögeln nachahmen - "distress call", wie die Technik auf Neu-Italienisch genannt wird. Wenig erfolgreich war der Versuch, einige lebende Falken auf die Stare loszulassen. Viele Anwohner kritisieren auch, dass die Bäume entlang des Tibers schon viel zu lange nicht mehr beschnitten worden seien und damit den Staren einen idealen Habitat böten.

Manch ein Römer denkt dabei an den Hitchcock-Film "Die Vögel", auch wenn die gefiederten Plagegeister bisher keine Menschen angegriffen haben. "In der Dämmerung kommt mir das vor wie eine Szene aus dem Hitchcock-Film. Ich packe die Haare unter den Hut, spanne den Regenschirm auf und überquere ganz schnell die Sisto-Brücke", zitierte die römische Tageszeitung "Il Messaggero" die Architektin Adele im Stadtteil Trastevere. Dort sind auch viele Touristen unterwegs, die nach einem "Treffer" dann in den Restaurants anfragen, ob sie sich auf der Toilette mal eben saubermachen dürfen. "Ist doch absurd, dass eine Stadt wie Rom sich in einem solchen Zustand präsentiert", zitierte die Zeitung einen Kellner.

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