Der Anwalt der Promis und Mörder

München · Er vertrat Romy Schneider bei ihrer Scheidung und verteidigte grausame Frauen- und Jungenmörder. Über 50 Jahre übernahm der deutsche Strafverteidiger Rolf Bossi, nicht nur von Promis, spektakuläre Fälle.

Noch bis ins hohe Alter von über 80 Jahren eilte der Star-Anwalt Rolf Bossi von Termin zu Termin, vertrat Mörder , Ganoven und viele Promis in ganz Deutschland. In den vergangenen Jahren war es allerdings ruhig geworden um den Verteidiger. Er starb jetzt mit 92 Jahren.

Bossi vertrat Romy Schneider bei ihrer Scheidung sowie Ingrid van Bergen , die 1977 ihren Geliebten erschossen hatte. Er verteidigte auch eine Reihe grausamer Täter wie den Frauenmörder Fritz Honka , der jahrelang die zerstückelten Leichen seiner Opfer zu Hause aufbewahrt hatte. Ein Geiselnehmer von Gladbeck sowie der Entführer des Industriellen-Erben Richard Oetker zählten ebenfalls zu seinen Mandanten.

In seiner Autobiografie "Hier stehe ich" zog Bossi Bilanz - "damit ich auch selbstkritisch darstelle". Er räumte Fehler im Privatleben ein, im Umgang mit seiner Tochter Marion, die drogenabhängig war und 2006 an Krebs starb. Auch von seinem erst im Alter entdeckten Glauben berichtet er in dem Buch. "Wo immer Menschen anderen Menschen Böses antun, da zürnt Gott nicht mit ihnen. Sondern er trauert. Und wer wirklich trauert, der schweigt."

Bossi hatte nach der Hinrichtung seines Vaters durch die Nazis beschlossen, Anwalt zu werden. In seinem ersten Prozess paukte er einen Postbeamten heraus, der Einschreibesendungen unterschlagen hatte. Die erfolgreiche Revision im Fall Jürgen Bartsch machte Bossi um 1970 dann bundesweit bekannt. Der Metzgergeselle, selbst von klein an herumgestoßen, eingesperrt und missbraucht, hatte vier Jungen in einem Luftschutzstollen ermordet und ihre Leichen bei Kerzenschein zerstückelt. Nachdem Bartsch zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt worden war, erreichte Bossi eine zehnjährige Jugendstrafe mit Unterbringung.

Aus der Erkenntnis, dass der Grundstein für manche kriminelle Tat in der Kindheit gelegt wurde, prangerte Bossi schädliche Einflüsse der Medien an und verlangte ein Grundrecht auf optimale Förderung und Berufsausbildung. Stets bezog er den individuellen und gesamtgesellschaftlichen Hintergrund ein, zeigte, dass Verbrechen oft Resultat einer frühen Fehlentwicklung und Symptom einer seelischen Krankheit sind. Bossi trug so maßgeblich dazu bei, die Psychologie in die Gerichte zu bringen. "Es geht darum, dass wir nicht nur die Tat sehen, sondern auch, was im Leben eines solchen Menschen schief gelaufen ist."

Nicht immer stieß Bossis scharfe Art auf Lob. Kritik erntete er etwa bei der Verteidigung ehemaliger Mauerschützen oder des Gladbecker Geiselnehmers Dieter Degowski , als er den damaligen Innenminister Nordrhein-Westfalens, Herbert Schnoor , für die Eskalation verantwortlich machte. Seine unkonventionelle Argumentation half ihm auch im eigenen Fall nicht: Wegen wiederholter Temposünden, die sein Flensburger Punktekonto füllten musste er den Führerschein abgeben.

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