Mordfall Maria L. Ein Verbrechen im Vollrausch?

Freiburg · Er erzählt viel und doch wenig. Gesteht, weicht aber oft aus. Was Hussein K. zum Mord an einer Freiburger Studentin trieb, bleibt vage.

 Es war ein Geständnis mit vielen Fragezeichen: Der Angeklagte Hussein K. (m.) sprach gestern vor dem Freiburger Landgericht detailliert über seine Tat. Daneben sein Verteidiger Sebastian Glathe (r).

Es war ein Geständnis mit vielen Fragezeichen: Der Angeklagte Hussein K. (m.) sprach gestern vor dem Freiburger Landgericht detailliert über seine Tat. Daneben sein Verteidiger Sebastian Glathe (r).

Foto: dpa/Patrick Seeger

() Leise, den Kopf meist gesenkt, schildert Hussein K. dem Dolmetscher seine Erinnerungen an den Tag, an dem die Studentin Maria L. in Freiburg starb. Dabei gesteht er, die 19-Jährige gewürgt, misshandelt und bewusstlos im Wasser des Flusses Dreisam zurückgelassen zu haben. Der Angeklagte entschuldigt sich bei ihrer Familie. Doch seine stundenlange Aussage lässt viele Fragen offen.

Im Saal IV des Landgerichts Freiburg verliest der 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommene K. gestern Morgen zunächst eine Erklärung, die er nach Angaben seines Anwalts selbst verfasste. Die Gewalttat nennt er darin nur den „Vorfall“ vom 16. Oktober und äußert sich zunächst nicht konkret dazu. Stattdessen entschuldigt er sich bei der Familie der getöteten Studentin: „Über das, was ich getan habe, bin ich aus tiefstem Herzen traurig.“ Die Eltern sind in dem Prozess zwar Nebenkläger, sitzen aber nicht im Gerichtssaal. K. bittet sie, ihm zu verzeihen. Wortreich schildert er seine eigenen Gefühle. Nach dem Tod Marias sei auch er gestorben. „Ich fühle mich wie eine Leiche, die in Bewegung ist“, sagt er.

Als die Vorsitzende Richterin Kath­rin Schenk ihn nach dieser Erklärung nach der Tat fragt, schildert K. doch detailliert den 15. und 16. Oktober 2016 aus seiner Sicht. Nach seiner Darstellung trank er an jenem Samstag zunächst viel Wodka mit Freunden, später auch Bier und Wein. Zwischendurch rauchte er demnach immer wieder Joints. „Ich war sehr besoffen, sehr high“, erinnert sich der Angeklagte. Er sei tagelang berauscht und zugedröhnt gewesen. Er erzählt, wie schlecht es ihm gehe, dass er kein Ziel im Leben habe. Von Selbstmordgedanken ist ebenfalls die Rede. „Ich war gebrochen und traurig.“

In der Nacht zum Sonntag war er schließlich laut seiner Aussage an der Dreisam unterwegs, als L. ihm zufällig auf dem Fahrrad entgegenkam. Er spricht nur von einer „Person“, weil er erst später gesehen haben will, dass es eine junge Frau war. Er trat gegen ihr Fahrrad, L. fiel hin. Warum er das tat, erklärt K. trotz zahlreicher Nachfragen nicht. Die Studentin habe geschrien, weshalb er ihr eine Hand vor den Mund gehalten und sie mit der anderen am Hals gefasst habe.

Schließlich würgte er sie nach seiner Darstellung mit seinem Schal, bis sie sich nicht mehr bewegte. „Ich habe gedacht, dass sie gestorben ist“, sagt der nach eigenen Angaben 19-jährige Angeklagte. Er habe gesehen, dass sie ein „hübsches Mädchen“ sei, und gedacht: „Komm, mach mal mit ihr Sex.“ Er misshandelte sie laut seiner Aussage und legte sie ins Wasser der Dreisam, weil er sein Blut auf ihrem Körper gesehen hatte. Danach flüchtete er.

Sehr viele Fragen haben Richter und Anwälte danach an ihn. Sie wollen genauer wissen, was damals geschah. Doch oft hat K. keine Antworten. Dann sagt er, dass es „vielleicht“ so gewesen sein könne und noch viel öfter gibt er an, dass er sich nicht mehr erinnere.

Trotz der stundenlangen Aussage des Angeklagten wird das Verfahren voraussichtlich noch Monate dauern. Zahlreiche Zeugen und Sachverständige sollen als Zeugen aussagen. Entscheidend wird am Ende auch die Frage sein, ob K. wirklich 19 Jahre alt ist und so noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden könnte. Daran gibt es Zweifel. Ein Urteil könnte nach der bisherigen Terminplanung im Dezember verkündet werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort