Wissen Das kann ins Auge gehen: Auf Brillen leben viele Bakterien

Furtwangen · Mikrobiologen der Hochschule Furtwangen nehmen die Keimbelastung von Studenten und Senioren unter die Lupe.

 Auf Brillen können sich viele Arten von Bakterien ansiedeln.

Auf Brillen können sich viele Arten von Bakterien ansiedeln.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

(byl) Mikrobiologen der Hochschule Furtwangen bearbeiten ein Spezialgebiet, das nicht alltäglich ist. Sie untersuchen die bakterielle Belastung von Alltagsgegenständen – zum Beispiel des Küchenschwamms. Der entpuppte sich im vergangenen Jahr als echte Keimschleuder. 362  Bakterienarten, von denen viele Krankheiten auslösen können, seien in teils sehr hohen Konzentrationen gefunden worden.

Auch Weihwasser nahmen die Forscher schon unter die Lupe. Sie kamen dabei zum erwartbaren Ergebnis, dass Wasser in weniger besuchten Dorfkirchen fast Trinkwasserqualität hat, in stark frequentierten städtischen Gotteshäusern aber häufiger gewechselt oder durch antimikrobiell beschichtete Kessel aus Kupfer oder Silber geschützt werden muss.

In ihrer neuesten Untersuchung haben sich die Forscher um Professor Markus Egert nun einem wirklich weit verbreiteten Alltagsgegenstand zugewandt: der Brille. Mehr als jeder zweite Deutsche im Alter ab 14 Jahren benutzt sie, erklärt die Hochschule. Die Wissenschaftler hätten 31 Sehhilfen untersucht, die von Studenten und Bewohnern eines Altenheimes stammten. An jeweils sieben Stellen nahmen die Mikrobiologen Proben und untersuchten die Bakterien auf Nährmedien, erläutert Markus Egert.

Die meisten Keime säßen an Stellen mit direktem Hautkontakt, die wenigsten auf den Gläsern. Der Spitzenwert sei mit 660 000 Bakterien pro Qudratzentimeter auf einem Nasenpolster gemessen worden. Das ist ein sehr hoher Wert im Vergleich zu den knapp 4000 Bakterien, die sich nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Organische Elektronik, Elektron­enstrahl- und Plasmatechnik pro Quadratzentimeter Fläche eines Smartphone-Bildschirms finden.

Den größten Unterschied zwischen einer Brille aus dem Seniorenheim und einer aus dem Hörsaal machen die Brillengläser aus, erklärt die Hochschule Furtwangen. In Altenheimen sei die Zahl der Keime auf Gläsern achtfach höher gewesen. Auf Altenheim-Brillen seien auch fünfmal mehr Bakterienarten zu finden, mehr als die Hälfte davon seien mögliche Krankheitsauslöser, die vor allem Menschen mit einem schwachen Immunsystem gefährlich werden könnten.

Übermäßige Sorgen vor der Keimschleuder Brille müsse sich aber niemand machen, erklären die Forscher aus Furtwangen. Denn es gebe ein einfaches Verfahren, eine Sehhilfe praktisch keimfrei zu halten: Putzen. Es genüge, Gläser und Gestelle mit feuchten Brillen-Reinigungstüchern abzureiben, um die Bakterienlast um bis zu 99 Prozent  zu vermindern. Eine Trockenreinigung bringe weniger. Sie entferne zwischen 85 und 90 Prozent  der Keime. Wie sehr eine Brille  die Gefahr für Bindehaut­entzündungen und ähnliche Infektionen erhöht, wollen die Forscher als Nächstes untersuchen.

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