EuGH-Urteil Nutzer müssen jedem Cookie zustimmen

Luxemburg · Onlinedienste brauchen eine klare Einwilligung des Anwenders, wenn sie Daten erheben wollen, sagen EU-Richter.

 Nutzer müssen dem Sammeln von Daten mithilfe von Cookies auf Internetseiten und über Onlinedienste bewusst zustimmen, hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden.

Nutzer müssen dem Sammeln von Daten mithilfe von Cookies auf Internetseiten und über Onlinedienste bewusst zustimmen, hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden.

Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch

Wollen Betreiber von Internetseiten Daten von Nutzern per Cookies sammeln, müssen Anwender dem bewusst zustimmen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Dazu müssen Nutzer beispielsweise auf einen entsprechenden Button klicken oder ein Häkchen setzen. Dass das Häkchen beim ersten Besuch einer Seite bereits gesetzt ist und ein Nutzer dem Einsatz von Cookies somit zustimmt, ohne es zu wissen, haben die Luxemburger Richter für unzulässig erklärt (Rechtssache C-673/17).

Cookies sind die am weitesten verbreitete Methode, mit der Internetseiten Daten über ihre Nutzer erheben. „Cookies sind kleine Textdateien, die von einem Server an einen Browser – etwa Firefox, ­Chrome oder der Internet Explorer – übermittelt werden“, erläutert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Cookies können das Surfen im Internet bequemer machen, da sie Einstellungen des Nutzers speichern, die er dann nicht wieder vornehmen muss. Mithilfe der Daten lässt sich aber auch gezielt Werbung anzeigen. „Wer beispielsweise nach Karibikreisen googelt, sieht dann zahlreiche Werbeanzeigen, die ähnliche Reisen anbieten.“

Cookies sind bei Internetnutzern umstritten. 54 Prozent der Befragten gaben in einer Bitkom-Umfrage an, Cookies in ihren Browser-Einstellungen zu löschen. Vier von zehn Internetnutzern zeigten sich genervt von Werbebannern, die wegen Cookies eingeblendet werden, fast ein Drittel sah dagegen darin eine wichtige Information.

Zu dem Urteil kam es, weil der Bundesgerichtshof eine Klage des Verbraucherzentrale-Bundesverbands an die Richter in Luxemburg weitergeleitet hatte. Die Verbraucherschützer hatten gegen den Anbieter Planet49 aus Deutschland geklagt. Auf der Anmeldeseite eines Gewinnspiels gab es ein Kästchen, bei dem bereits ein Häkchen zur Einwilligung in die Verwendung von Cookies gesetzt war. Das Häkchen konnte zwar auch entfernt werden, die Verbraucherzentralen sahen es trotzdem als unzulässig an. Der Bundesgerichtshof bat den Europäischen Gerichtshof zu entscheiden, ob dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzvorschriften verstößt. Ja, entschieden die Luxemburger Richter. Es mache auch keinen Unterschied, ob es sich bei den gespeicherten und abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handele oder nicht. Die EU-Gesetze sollen Nutzer vor jedem Eingriff in ihre Privatsphäre schützen. Verbraucherschützer zeigen sich erfreut. „Das Urteil ist ein wichtiges Zeichen für den Schutz der digitalen Privatsphäre“, sagt Heiko Dünkel, Rechtsreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Zugleich stellten die Richter klar, dass Nutzer in jedem Einzelfall einwilligen müssen, bevor Cookies zum Einsatz kommen. Wer an einem Gewinnspiel teilnehme, willige damit nicht ein, dass Informationen über ihn gespeichert werden. Vielmehr müssen Anbieter dem Nutzer verständlich machen, wie lange die Cookies gespeichert werden und welche anderen Unternehmen auf die Daten zugreifen können. Das sei auf vielen Internetseiten bisher nicht der Fall, sagte Datenschutz- und IT-Rechtsexperte Martin Pflüger von der Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells. Er rät Firmen, ihre Datenschutzerklärungen zu überprüfen.

Für Fabian Seip, Rechtsanwalt der Kanzlei Hengeler Mueller, ist entscheidend, dass das Urteil auch sogenannte Tracking-Cookies betrifft. Diese Dateien zeichnen genauestens auf, welche Internetseiten ein Nutzer besucht. Sie sind eine Voraussetzung für personalisierte Werbung. Große Anbieter mit Abomodellen oder soziale Netzwerke wie Facebook betreffe das weniger, so Seip. Sie können die Einwilligung einmalig bei der Registrierung von Nutzern einholen. Andere müssen Nutzer jedoch jedes Mal aufs Neue um ihre Zustimmung bitten. „Deshalb ist es wohl vor allem die mittelständische Werbewirtschaft, die Schwierigkeiten mit dem Urteil haben wird“, sagt der Jurist.

Der Branchenverband Bitkom erwartet durch das Urteil eine Mehrbelastung für unzählige Seitenbetreiber. Auch für Nutzer werde das Surfen im Netz umständlicher. Wer weiterhin den Komfort von Cookies genießen wolle, müsse dafür ausdrücklich eine Einwilligung erteilen – mit zusätzlichen Klicks, sagt der Verband. Nach Ansicht von Bitkom machen Cookies das Surfen schneller und bequemer. Onlinehändler können mit ihrer Hilfe ihr Angebot noch besser an die Bedürfnisse der Kunden anpassen.

(dpa)
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