Ausbildungsberuf Ein Beruf mit vielen Facetten

Brackenheim/Nürnberg · Angehende Sattler erlernen einen traditionsreichen Beruf. Auszubildende benötigen viel Geschick mit Nadel und Leder, ganz egal, ob sie sich um Pferdesättel, Oldtimer-Polster oder Cabrio-Verdecke kümmern.

 Jasmin Kölle hat ihren Bachelor in Pferdewirtschaft fast in der Tasche. Jetzt setzt die 24-Jährige noch eine Ausbildung zur Sattlerin obendrauf.

Jasmin Kölle hat ihren Bachelor in Pferdewirtschaft fast in der Tasche. Jetzt setzt die 24-Jährige noch eine Ausbildung zur Sattlerin obendrauf.

Foto: dpa-tmn/Christoph Schmidt

() Wenn Jasmin Kölle an ihrer Werkbank sitzt, hat sie oft schwierige Arbeit vor sich. Die 24-Jährige macht eine Ausbildung zur Sattlerin, und ihre Leidenschaft gilt Pferdesätteln. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Lehre gibt es in drei Fachrichtungen: Reitsportsattlerei, Fahrzeugsattlerei und Feintäschnerei. Die junge Frau beschäftigt sich in erster Linie mit klassischen Sätteln, den Kontakt zu Pferden hat sie seit frühester Kindheit durch ihre Familie. „Die Pferde waren immer wichtig, aber ich wollte keine Berufsreiterin werden“, sagt die 24-Jährige.

Nach dem Abitur entschied sie sich zunächst für ein Studium der Pferdewirtschaft in Nürtingen. Den Bachelor hat sie so gut wie abgeschlossen und sich entschieden, darüber hinaus eine klassische Ausbildung zu beginnen. Sie mag die Kombination aus Kreativität und Handwerk in der Sattlerei. „Und der Bezug zum Tier ist auch da.“ Ein weiteres Plus für die 24-Jährige: Sie muss nicht am Schreibtisch sitzen.

Ähnlich sieht das ihr Chef Steffen Würtz, der seit vielen Jahren in Brackenheim bei Heilbronn eine Sattlerei betreibt. Er ist Fachobmann für den Reitsport im Bundesverband Fahrzeugausstattung und Reitsportausrüstung. Viel mehr als Noten und andere Formalitäten interessiert Würtz, ob Bewerber sich geschickt mit Nadel und Leder anstellen. „Das ist kein hochtechnologisiertes Gewerk, sondern ein klassisches mit viel Tradition“, sagt er.

In den seltensten Fällen fertigen Sattler heute noch komplett neue Sättel. Meistens reparieren sie bestehende oder passen sie an die Wünsche der Besitzer an. Ein kompletter Sattel ist ein Meisterstück, in dem 40 Stunden Arbeit stecken. Im Geschäft kostet er mindestens 4000 Euro, nach oben gibt es keine Grenzen. Kölle betont, wie viel Konzentration dafür nötig ist. Denn die Löcher für die Nähte müssen im Leder vorgebohrt werden. „Wenn man sich vertan hat, kann man nur noch versuchen, sein Werkstück zu retten“, erzählt die Auszubildende. Das Gesellenstück ist daher ein Halfter oder ein Kopfstück.

Zunächst gehe es in der Ausbildung darum, mit dem Werkstoff Leder zu arbeiten, Handnähte zu machen und mit den speziellen Maschinen zu umzugehen, erklärt Würtz. „Leder ist sehr komplex, keine zwei Stücke sind gleich.“

Auch angehende Fahrzeugsattler benötigen diese Fertigkeiten und doch ist ihre Arbeit eine ganz andere. „Die meisten Auszubildenden kommen über die Autoschiene in diesen Bereich, sie sind technik­affin“, sagt Dieter Augustin. Er ist Obermeister bei der Raumausstatter- und Sattler-Innung in Mittelfranken. Fahrzeugsattler beziehen etwa Ledersitze in alten Autos. Daneben stellen sie zum Beispiel Cabrio-Verdecke und Planen her und reparieren diese.

Bewerber sollten vor allem praktisches Verständnis vorweisen können. Von ihrem Schulwissen hat etwa Jasmin Kölle nicht allzu viel mit in die Ausbildung bringen müssen. „Die Fachbegriffe muss man ohnehin neu lernen, da fängt man bei Null an“, sagt sie. Etwas künstlerisches Talent sei gut, um die Werkstücke skizzieren zu können. „Und ein bisschen Rechnen muss sein“, sagt ihr Chef.

(dpa)
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