Der Fall Kavanaugh Der Mann, der Amerika spaltet, setzt sich durch

Washington · Knappes Ende im Fall Kavanaugh: Der umstrittene Richter wird ans höchste US-Gericht berufen. Sein Gönner Trump jubelt. Andere sind entsetzt.

 Hand auf die Bibel: US-Richter Brett Kavanaugh (Mitte) kam mit Frau und Töchtern zum Amtseid, nachdem der Senat knapp für seine Berufung an den Supreme Court gestimmt hatte. Voraus ging ein wochenlanges Drama um Missbrauchsvorwürfe gegen ihn.

Hand auf die Bibel: US-Richter Brett Kavanaugh (Mitte) kam mit Frau und Töchtern zum Amtseid, nachdem der Senat knapp für seine Berufung an den Supreme Court gestimmt hatte. Voraus ging ein wochenlanges Drama um Missbrauchsvorwürfe gegen ihn.

Foto: dpa/Fred Schilling

Kaum hatte er seinen Richterkandidaten gegen heftigen Widerstand durchgesetzt, ging Donald Trump auch schon in die Offensive und wetterte gegen die Opposition. „Man reicht einem Brandstifter keine Streichhölzer, und man lässt einen zornigen linken Mob nicht an die Macht“, polterte er in Topeka, einer Stadt in Kansas, wo er sich von seinen Anhängern bejubeln ließ. Die Demokraten seien zu extrem und zu gefährlich, um sie ans Regierungsruder zu lassen. Die Republikaner dagegen glaubten an die Herrschaft des Rechts, nicht an die Herrschaft des Mobs, polemisierte der US-Präsident und rief dazu auf, mit Blick auf die Kongress-Wahlen im November sämtliche Kräfte zu mobilisieren. „Wenn ihr zulasst, dass die falschen Leute ins Amt gewählt werden, könnten sich die Dinge ändern.“

Kein Innehalten, kein stilles Triumphieren, stattdessen schaltete Trump sofort um in den Angriffsmodus. Am Samstag hatte er einen der größten Erfolge seiner gut anderthalbjährigen Amtszeit gefeiert. Mit 50 zu 48 Stimmen bestätigte der Senat seinen Favoriten für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, einen 53 Jahre alten Juristen, auf Lebenszeit ernannt und damit womöglich noch in drei Jahrzehnten in der Lage, Recht zu sprechen.

Es war seit 1881 das knappste Ergebnis, mit dem ein Bewerber für die höchste Instanz vom Parlament grünes Licht bekam. Während die Republikaner bis auf eine Ausnahme für Kavanaugh stimmten, stimmten die Demokraten bis auf eine Ausnahme dagegen. Allein Lisa Murkowski, eine moderate Senatorin aus Alaska, scherte aus der republikanischen Phalanx aus. Joe Manchin, ein Politiker aus West Virginia, der im dezidiert Trump-freundlichen Milieu seines Bundesstaats um seine Wiederwahl bangt, war wiederum der einzige Demokrat, der Kavanaughs Berufung unterstützte, begleitet von zornigen Protesten auf der Zuschauertribüne. „Schande! Schande!“, schallte es durch die Kammer, als Manchin sein „Aye“ zu Protokoll gab. Zwei potentielle Wackelkandidaten, die letztlich das Zünglein an der Waage bildeten, die Republikaner Susan Collins und Jeff Flake, verbündeten sich am Ende eines wochenlangen Dramas mit der Mehrheit ihrer Partei.

Vorausgegangen war die Aussage der Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, die vor dem Justizausschuss des Senats schilderte, wie Kavanaugh im Sommer 1982 auf einer Teenager-Party im trunkenen Zustand versuchte, sie zu vergewaltigen. Der Richter bestritt die Vorwürfe und unterstellte seinen Gegnern, eine gezielte Schmierenkampagne gegen ihn angezettelt zu haben. Die fällige Abstimmung wurde verschoben, um in letzter Minute Recherchen des FBI zu ermöglichen, allerdings nur für maximal eine Woche. Während die Demokraten von einer zu oberflächlichen Untersuchung sprachen, sahen die Republikaner den Kandidaten durch die bundespolizeilichen Nachforschungen entlastet. „Ich habe Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen“, schrieb Kavanaugh im „Wall Street Journal“ und ließ nach einem aggressiven Auftritt bei seiner Anhörung Reue erkennen. Offensichtlich reichte der angedeutete Kniefall, um Schwankende wie Collins und Flake gnädig zu stimmen.

Wie gründlich die Personalie die amerikanische Politik spaltet, war in den Debatten kurz vor der Entscheidung noch einmal deutlich geworden. Kavanaugh sei ein Superstar, ein exzellenter Rechtsgelehrter, lobte Mitch McConnell, die Nummer eins der Republikaner im Senat, in einer abschließenden Laudatio. Kavanaugh habe es nicht verdient, im Supreme Court zu sitzen, entgegnete Charles Schumer, Fraktionschef der Demokraten. Er halte nichts von Umweltschutz, Frauenrechten, Bürgerrechten, den Rechten von Schwulen und Lesben, den Rechten von Ureinwohnern und denen von Arbeitnehmern. „Für die vielen Millionen, die empört sind über das, was hier geschieht, gibt es nur eine Antwort: Geht wählen“, fügte Schumer mit Blick auf die Wahlen hinzu.

 Vor dem Supreme Court protestierten 200 Menschen gegen Brett Kavanaugh, der nicht nur wegen Missbrauchsvorwürfen Gegner hat.

Vor dem Supreme Court protestierten 200 Menschen gegen Brett Kavanaugh, der nicht nur wegen Missbrauchsvorwürfen Gegner hat.

Foto: dpa/Alex Brandon

Jerrold Nadler, der ranghöchste Demokrat im Justizausschuss des Repräsentantenhauses, kündigte an, die Vorwürfe gegen Kavanaugh nochmals unter die Lupe zu nehmen, falls seine Partei bei den Midterm-Wahlen die Mehrheit gewinnt und damit die Agenda bestimmen kann. Elena Kagan, einst von Barack Obama berufene Höchstrichterin, warnte indes vor einer Polarisierung, durch die der Ruf der Supreme Court leide. Es sei „extrem wichtig“, als unparteiisch, neutral und fair wahrgenommen zu werden, mahnte sie. Falls die Berufung Kavanaughs die Spaltung in zwei Lager zementiere, drohe die Reputation des Gerichts Schaden zu nehmen.

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