Gewinner ist der Kreis St. WendelWirtschaftskraft: Ganz Bayern kann sich glücklich schätzen

Saarbrücken/Köln. Wer im Saarland einen neuen Job sucht, sollte sich vielleicht zuerst im Kreis St. Wendel umsehen. Dass das St. Wendeler Land einiges an Naturschönheiten zu bieten hat, ist ja schon länger bekannt

Saarbrücken/Köln. Wer im Saarland einen neuen Job sucht, sollte sich vielleicht zuerst im Kreis St. Wendel umsehen. Dass das St. Wendeler Land einiges an Naturschönheiten zu bieten hat, ist ja schon länger bekannt. Dass der Landkreis zu den wohlhabendsten und best situierten im Saarland gehört, zeigt nun das Regionalranking 2009, das die Firma IW Consult GmbH gestern im Auftrag des Instituts für Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) vorgelegt hat.

Untersucht wurden in 409 Kreisen und kreisfreien Städten 39 Indikatoren aus den Bereichen Wohlstand, Arbeitsmarkt, Struktur und Standort. Der Kreis St. Wendel belegt dabei bundesweit Platz 141 und schneidet damit von allen saarländischen Kreisen am besten ab. Auf den Plätzen folgen der Saarpfalz-Kreis (171), der Kreis Saarlouis (254), der Kreis Merzig-Wadern (268), der Landkreis Neunkirchen (275) und der Regionalverband Saarbrücken (312). Zu verdanken hat der Kreis St. Wendel den Spitzenplatz der "stark überdurchschnittlichen" Entwicklung der untersuchten Faktoren seit dem Jahr 2000. "Überdurchschnittlich" legten dabei auch die Kreise Saarlouis und Neunkirchen zu, "durchschnittlich" der Kreis Merzig-Wadern und der Regionalverband Saarbrücken.

Im Gesamtranking 2009 wurden allerdings nach Angaben der Autoren die Folgen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht berücksichtigt. Um zu ermitteln, in welchen Regionen der Republik die negativen Auswirkungen der Krise am deutlichsten zu spüren sein werden, wurde ein Krisenrisiko-Index entwickelt. Dieser Index zeigt, wo die negativen Auswirkungen der Rezession zuerst und am deutlichsten zu spüren sind. Und das trifft im Saarland "sehr stark" für Saarlouis und Neunkirchen zu. Auch der regionale Spitzenreiter St. Wendel sowie der Saarpfalz-Kreis werden demnach "eher stark betroffen" sein. Gelassen können die Einwohner im Kreis Merzig-Wadern und im Regionalverband Saarbrücken bleiben. Diese werden dem Krisenrisiko-Index zufolge nur "sehr schwach" von der Krise betroffen sein.

So weit die Prognose. Was aber hat dem Kreis St. Wendel im Detail nun den Spitzenplatz gebracht? Nach Auswertung der verfügbaren Daten von Bund und Ländern hat der Kreis die niedrigste Arbeitslosenquote im Saarland, die geringste Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld II, die geringste private Verschuldung und die niedrigsten Arbeitskosten. Zudem werden im Kreis St. Wendel die wenigsten Straftaten begangen. Schlusslicht bei allen genannten Kriterien ist jeweils der Regionalverband Saarbrücken.

Auch gemessen an der Einkommensteuerkraft und der Zahl der Tageseinrichtungen für Kinder unter sechs Jahren belegen die Nordsaarländer jeweils Platz zwei. Spitzenreiter in beiden Kategorien ist der Saarpfalz-Kreis, Schlusslichter Merzig-Wadern (Steuereinkommen) und der Regionalverband Saarbrücken (Kindertagesstätten).

Dem Bruttoinlandsprodukt zufolge liegt St. Wendel im Land lediglich auf Platz vier (bundesweit 278), klarer Spitzenreiter ist Saarbrücken (bundesweit 60), Letzter der Kreis Merzig Wadern (bundesweit 330). Auch bei der Zahl der Hochqualifizierten ist St. Wendel nur Mittelmaß, bei der Zahl der Ingenieure sogar klarer Verlierer: In keinem anderen saarländischen Kreis gibt es davon so wenige wie in St. Wendel.

Ein Schicksal, das man im Übrigen mit dem rheinland-pfälzischen Nachbarkreis Kusel teilt: Auch die Kuseler sind in ihrem Bundesland bei den Ingenieuren Letzter von allen 36 Landkreisen. Köln. München hat bei einem bundesweiten Wirtschafts- und Wohlstandsranking den Spitzenplatz belegt. Ganz Bayern kann sich nach einer Studie der IW Consult GmbH, einer Tochter des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, glücklich schätzen: Unter den besten elf Städten und Kreisen befinden sich neben der Isar-Metropole noch sechs umliegende Kreise. Baden-Württemberg schnitt auch gut ab, Frankfurt am Main kann sich gleichfalls freuen - im Osten dagegen sieht es finster aus.

In 409 Kreisen und kreisfreien Städten verglich die IW Consult im Auftrag der arbeitgeberfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) das Wirtschafts- und Wohlstandsniveau anhand von zahlreichen Kriterien - vom Anteil der Langzeitarbeitslosen bis zur Zahl der Straftaten. Mietkosten oder das Preisniveau für Lebensmittel wurden dagegen nicht berücksichtigt.

Auch in den Gewinner-Regionen im Süden der Bundesrepublik sind die Aussichten allerdings nicht immer ungetrübt. Besonders der reiche Südwesten mit seinen exportorientierten Industriestandorten sei stark von der derzeitigen Wirtschaftskrise bedroht, analysiert die INSM. So sei das Krisenrisiko für den Kreis Böblingen besonders hoch.

Auch zwanzig Jahre nach der Wende verzeichnet die INSM ein großes Gefälle zwischen Ost- und Westländern. Unter den 25 Schlusslichtern im Ranking sind mit einer Ausnahme nur Kreise und Städte aus den neuen Bundesländern. "Auch der Bestplatzierte in Ostdeutschland, die kreisfreie Stadt Jena, erreicht im bundesweiten Vergleich nur Rang 243 und schaffte es damit nicht in die vordere Hälfte des Gesamtfeldes", schreibt die INSM.

Dem Ranking liegen den Angaben zufolge Zahlen aus verschiedenen öffentlichen Datenbanken zugrunde, so des Statistischen Bundesamtes und der Bundesagentur für Arbeit. Aber auch einzelne Untersuchungen und die aktuelle Fachliteratur wurden nach Angaben der Autoren berücksichtigt. dpa

"Auffällig ist, dass die Regionen an den Grenzen Deutschlands tendenziell schwächer sind. Dies trifft insbesondere auf die Ost- und Westgrenzen zu."

Institut für Neue Soziale Marktwirtschaft

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