Protest gegen US-Abwehrsystem

Seoul · Zum Schutz gegen Nordkorea wollen die USA in Südkorea ein Raketenabwehrsystem stationieren. Ein Schritt, der nicht nur in China und Russland auf Ablehnung stößt.

Die Nacht- und Nebelaktion war am Ende doch nicht ganz geheim geblieben. Als die Fahrzeuge der US-Streitkräfte in der Nacht zum Mittwoch erste Bauteile eines umstrittenen neuen Raketenabwehrsystems auf ein abgeschirmtes Gelände im Osten Südkoreas brachten, protestierten zahlreiche Anwohner gegen den Transport. Doch der Protest konnte die Einfahrt der Fahrzeuge nicht mehr verhindern. Etwa 8000 Bereitschaftskräfte der Polizei sollten laut Medienberichten den Konvoi schützen. Elf Menschen seien bei Zusammenstößen verletzt worden, berichtete die Gruppe People's Solidarity for Participatory Democracy (PSPD/Volkssolidarität für Teilhabende Demokratie).

Die geplante Stationierung der Abwehrraketen vom Typ THAAD hat sich zu einem innen- wie außenpolitischen Drama entwickelt. Das Vorhaben wird nicht nur von China und Russland mit Argwohn betrachtet. Auch in Südkorea zeigt sich die Öffentlichkeit bei Fragen nach dem Nutzen und den potenziellen Folgen für die Beziehungen mit den Nachbarn großteils gespalten. THAAD droht vor der Präsidentenwahl am 9. Mai zu einem heißen Thema im Endspurt des Wahlkampfes zu werden. Der wird bereits seit Wochen von dem sich zuspitzenden Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm überschattet.

Mit dem Transport der Container mit den THAAD-Bauteilen begann praktisch die Installierung der Batterie auf einem früheren Golfplatz. Nach Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap wurden ein Radar, mobile Raketenwerfer und andere Elemente geliefert. Jetzt spekulieren Kommentatoren, dass die USA den Aufbau vor der Wahl beschleunigen und die nächste Regierung vor vollendete Tatsachen stellen wollten. Der in Umfragen führende Kandidat von der oppositionellen Demokratischen Partei, Moon Jae In, fordert, die Frage der Aufstellung der nächsten Regierung zu überlassen. Die Konservativen sind dagegen besorgt, solch ein Schritt könne der Allianz mit den USA schaden. Die Regierungen und Militärs in Südkorea und den USA argumentieren, dass die Aufstellung zusätzlicher Raketenabwehrsysteme in Südkorea angesichts der zunehmenden Bedrohungen durch Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm mehr denn je notwendig sei. Nordkorea hatte seit dem vergangenen Jahr zwei seiner bisher fünf Atomversuche und zahlreiche Raketentests unternommen. Die USA befürchten, dass das weithin isolierte Land mit jedem Test seinem Ziel näherkommt, eine Atomstreitmacht mit Interkontinentalraketen aufzubauen, die auch amerikanisches Festland erreichen können.

US-Präsident Donald Trump drohte zuletzt mehrfach mit Alleingängen im Konflikt mit Nordkorea, auch wenn er auf die Zusammenarbeit mit China setzt. Doch der politische Einfluss Pekings auf die weitgehend als unberechenbar geltende Führung in Pjöngjang gilt als gering. Die Menschen in der Region befürchten schon, durch einen ungeplanten Zwischenfall könne die Lage auf der koreanischen Halbinsel außer Kontrolle geraten.

Die THAAD-Batterie in Südkorea soll jetzt nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Seoul wie ursprünglich geplant bis Ende des Jahres einsatzbereit sein. Das System dient der Abwehr von Kurz- und Mittelstreckenraketen. Die Militärs sind überzeugt, dass THAAD gegen solche Raketen wirksam eingesetzt werden kann.

Doch viele Anwohner am Standort Seongju fühlen sich übergangen. Bürgergruppen zweifeln die Wirksamkeit des Systems an und fordern einen Dialog mit Nordkorea. "THAAD ist auf das Abfangen hochfliegender Raketen gerichtet, was möglicherweise nicht Südkorea schützen kann", sagt die Koordinatorin bei PSPD, Baek Ga Yoon. Nordkorea werde im Ernstfall eher tieffliegende Raketen auf Südkorea abfeuern. Entscheidungen von großer außenpolitischer Bedeutung sollten von der nächsten Regierung getroffen werden. "Wir haben bald Wahlen. Und es besteht keine akute Gefahr, um THAAD sofort zu stationieren."

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Nordkoreas Nachbarland China hat seinen ersten selbst gebauten Flugzeugträger vorgestellt. Das Schiff lief in der nordöstlichen Stadt Dalian aus dem Dock, wie ein Staatssender gestern berichtete. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums soll der 50 000-Tonnen-Flugzeugträger chinesische J-15-Kampfjets und andere Flugzeuge in ferne Meeresregionen tragen. China baut derzeit seine Marine zu einer Seestreitkraft mit erweitertem Operationsgebiet aus.

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