"Die Menschen, die man mag und liebt, sind Heimat"

Herr Professor Kühne, einfach gefragt: Was ist Heimat?Kühne: Heimat ist natürlich ein schillernder und vielfältiger Begriff, aber er hat ein paar Kernaspekte. Bei unserer Untersuchung kam heraus, dass Heimat nicht primär örtlich fixiert, sondern in ihrem Kern sozial definiert ist

Herr Professor Kühne, einfach gefragt: Was ist Heimat?

Kühne: Heimat ist natürlich ein schillernder und vielfältiger Begriff, aber er hat ein paar Kernaspekte. Bei unserer Untersuchung kam heraus, dass Heimat nicht primär örtlich fixiert, sondern in ihrem Kern sozial definiert ist. Es geht also darum, dass sich Menschen in Gemeinschaft anderer wohlfühlen - und zwar so wohlfühlen, dass sie weniger in Rollenfunktionen handeln, sondern eben als Person.

Heimat muss kein Ort sein?

Kühne: Das ist die zentrale Aussage unserer Studie. Die Menschen, die man mag und liebt, sind letztlich Heimat. Der konkrete Ort, der Heimat genannt wird, ist ein Symbol für die Gemeinschaft derer, mit denen man sich verbunden fühlt. Besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem sozialen Netz und einem Ort, dann entsteht so etwas wie lokale Identität und Identifikation.

Ist gerade eine Art Rückbesinnung auf Heimat in Mode?

Kühne: Ja, ganz eindeutig. Das sieht man auch an der Fülle der Publikationen zum Thema. Der Bedeutungsgewinn resultiert unter anderem daraus, dass im Zuge der Globalisierung die Sehnsucht nach Vertrautem zunimmt. Wobei auch eine Webcommunity wie Facebook, wo man Freunde trifft, die ganz woanders leben, eine Heimat bieten kann. Das ist eine völlig neue Dimension von Heimat.

Welches Heimatbewusstsein kennzeichnet die Saarländer?

Kühne: Ein ganz wichtiger Punkt ist das berühmte "Jeder kennt Jeden" - man fühlt sich sehr heimisch, weil man ständig auf soziale Netzwerke zurückgreifen kann. Wenn zwei Saarländer sich treffen, spricht man zuerst darüber, welche gemeinsamen Bekannten man hat. Das bietet viele soziale Zugangspunkte. Andererseits ist das problematisch für alle, die nicht über die vielfach über Generationen gewachsenen Netzwerke verfügen. Sie haben es schwerer, voll akzeptiert zu werden.

Den Saarländern wird große Heimatverbundenheit nachgesagt. Hat Ihre Studie dies bestätigt?

Kühne: Zumindest beschreiben sich die meisten Saarländer, die wir interviewt haben, als überdurchschnittlich heimatverbunden. Was gewiss auch mit der saarländischen Geschichte zusammenhängt, diesem Hin-und Hergeworfensein zwischen Deutschland und Frankreich. Sie hat offensichtlich dazu geführt, dass man sich vor allem auf diejenigen verlässt, die man im familiären und lokalen Kontext über Generationen kennt.

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