Haus statt Höhle - Neue Spekulationen um Osama Bin Laden

Neu Delhi. Der Reflex funktioniert zuverlässig, seit der Al-Qaida-Chef nach den Anschlägen vom 11. September 2001 untertauchte: Spekulationen darüber, Osama Bin Laden (Foto: afp) lebe unbehelligt in Pakistan, erobern innerhalb kürzester Zeit die Schlagzeilen. Ebenso schnell verebben sie wieder - folgenlos

Neu Delhi. Der Reflex funktioniert zuverlässig, seit der Al-Qaida-Chef nach den Anschlägen vom 11. September 2001 untertauchte: Spekulationen darüber, Osama Bin Laden (Foto: afp) lebe unbehelligt in Pakistan, erobern innerhalb kürzester Zeit die Schlagzeilen. Ebenso schnell verebben sie wieder - folgenlos. Die Regierung in Islamabad dementiert gebetsmühlenartig, dass der ungeliebte Saudi im Land ist. Keine der Spekulationen hat bislang zu einem Fahndungserfolg geführt. Der meistgesuchte Terrorist der Welt ist seit fast neun Jahren von der Bildfläche verschwunden. Fast ebenso lange wird gemutmaßt, Bin Laden lebe im unwegsamen pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan. Gestern zitierte nun der US-Nachrichtensender CNN aus Kabul einen ungenannten hochrangigen Nato-Angehörigen, der ebenfalls sagte, Bin Laden sei im Nordwesten Pakistans - und der zugleich erstaunliche Einzelheiten wissen will. "Niemand von Al Qaida wohnt in einer Höhle", zitiert CNN den Nato-Angehörigen. Er widersprach damit der Vorstellung, die Terroristen würden in einfachen Verstecken in den Bergen vor sich hin vegetieren. Stattdessen sagte die Nato-Quelle, Bin Laden und sein Vize, der Ägypter Eiman al-Sawahiri, wohnten in zwei nahe gelegenen Häusern in relativem Komfort. Sie würden von Einheimischen beschützt - und von Angehörigen des berüchtigten pakistanischen Geheimdienstes ISI. Woher diese Erkenntnisse stammen, ließ der Nato-Vertreter offen. Offen blieb auch die Frage, warum die Militärs - sollten sie tatsächlich so gut im Bilde sein - Bin Laden und seinen Stellvertreter nicht mit einer US-Drohne bekämpfen. Im vergangenen Monat flog der amerikanische Geheimdienst CIA so viele Angriffe mit unbemannten Flugzeugen im Nordwesten Pakistans wie nie zuvor - und die Raketen treffen meist erstaunlich genau. Die jüngsten Mutmaßungen dürften Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern sein, die glauben, als Rechtfertigung für den globalen Krieg gegen den Terrorismus nutze Bin Laden den USA lebendig mehr als tot. Dass er unter den Lebenden weilt, gilt zumindest als wahrscheinlich. Zu Monatsbeginn tauchte zuletzt eine Audio-Botschaft von ihm auf, die Experten für authentisch halten. Die Fahndung nach Bin Laden ist besonders für die USA eine reichliche Blamage. Nach dem Einmarsch der US-geführten Koalition konnte der Al-Qaida-Chef Ende 2001 aus der afghanischen Bergregion Tora Bora fliehen. Ende 2004 sagte der damalige pakistanische Präsident Pervez Musharraf, die Spur Bin Ladens sei erkaltet. Im vergangenen Jahr wurde ein Vermerk aus einem Treffen von US-Sicherheitsexperten bekannt, in dem es hieß, "dass unsere besonders auf den Sieg über Al Qaida ausgerichtete Anti-Terror-Kampagne (die die unbedingte Notwendigkeit betont, Bin Laden zu fangen oder zu töten) nicht nur kalt ist, sondern tiefgefroren".

HintergrundFrankreich hat neue Hinweise auf eine terroristische Bedrohung. Innenminister Brice Hortefeux erklärte dem "Figaro", es gebe Informationen der saudischen Behörden, die "vor einigen Tagen" eingegangen seien. Die Gefahr gehe von einer dort aktiven terroristischen Al-Qaida-Gruppe aus. Er stufte die Bedrohung als "real" ein. Unterdessen haben die radikal-islamischen Taliban der niederländischen Regierung wegen ihrer Zusammenarbeit mit dem Islamgegner Geert Wilders mit Terroranschlägen gedroht. dpa

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