Libyens neue Regierung steht

Tripolis. Nach wochenlangem Gezerre hat Libyen jetzt endlich eine neue Regierung. Das Parlament in Tripolis stimmte am Mittwochabend dem neuen Kabinett von Ministerpräsident Ali Seidan zu. Der Regierungschef versprach in einer TV-Ansprache, er wolle sich vorrangig um die Verbesserung der Sicherheitslage kümmern

Tripolis. Nach wochenlangem Gezerre hat Libyen jetzt endlich eine neue Regierung. Das Parlament in Tripolis stimmte am Mittwochabend dem neuen Kabinett von Ministerpräsident Ali Seidan zu. Der Regierungschef versprach in einer TV-Ansprache, er wolle sich vorrangig um die Verbesserung der Sicherheitslage kümmern. Wichtig seien für ihn außerdem Fortschritte im Gesundheitssystem und die nationale Versöhnung, betonte der ehemalige Dissident.Doch die Macht der Politiker bleibt begrenzt. Denn während des Bürgerkrieges im vergangenen Jahr haben sich viele junge Männer angewöhnt, ihren Willen mit der Waffe in der Hand durchzusetzen. Sie gilt es nun in die Schranken zu weisen, wenn das demokratische Experiment auf Dauer erfolgreich sein soll.

Der neue Ministerpräsident Ali Seidan hat deshalb gleich betont, er wolle sich um die Integration der "echten Revolutionäre" in das neue Staatswesen kümmern.

Als "echte Revolutionäre" bezeichnen die Libyer diejenigen Kämpfer, die sich 2011 gleich zu Beginn dem Aufstand gegen den Langzeitdiktator Muammar al-Gaddafi angeschlossen hatten. "Falsche Revolutionäre" nennt man dagegen die jungen testosterongesteuerten Bewaffneten, die erst nach der Flucht Gaddafis aus Tripolis aufgetaucht waren. Sie stehen heute mit ihrem Sturmgewehr an Straßensperren und genießen ihre Macht.

Insgesamt herrschen im libyschen Politbetrieb raue Sitten. "Eine Kalaschnikow für jeden Parlamentarier" und "Geschenkidee für Parlamentarier: Ein Gutschein für einen Selbstverteidigungskurs" lauteten die ironischen Kommentare ehemaliger Revolutionsaktivisten. Der Grund: Nach der Abstimmung über die Regierung hatte eine Gruppe sogenannter "Revolutionäre" versucht, den Saal zu stürmen. Todesopfer gab es dabei nicht, die Wachleute vor dem Parlament hielten die Störenfriede auf. Eine Gruppe junger libyscher Aktivisten empörte sich so sehr über diese Randale vor dem Sitzungssaal, dass sie zu einer Demonstration gegen die Angriffe auf das Parlament aufrief.

Auch die Tatsache, dass 68 der 200 Abgeordneten der Abstimmung über die Regierung gleich fernblieben, sorgte für Kritik und spöttische Kommentare. Zumindest zehn der Abgeordneten hatten eine gute Entschuldigung für ihr Fernbleiben. Sie müssen erst noch das Ergebnis einer Überprüfung durch die "Redlichkeitskommission" abwarten. Dieses Gremium muss auch noch über die Vergangenheit von sechs designierten Ministern befinden, die nach Ansicht einiger Abgeordneter zu enge Beziehungen zum alten Regime hatten. dpa

Foto: Jaafar/dpa

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