Haftstrafen im Geiselnahme-Prozess

Traunstein. Grenzenlose Wut über die verlorenen Millionen und wohl auch Geldgier machten die Rentner zu Entführern: Den Drahtzieher der spektakulären Tat verurteilte das Landgericht Traunstein gestern zu sechs Jahren Haft

Traunstein. Grenzenlose Wut über die verlorenen Millionen und wohl auch Geldgier machten die Rentner zu Entführern: Den Drahtzieher der spektakulären Tat verurteilte das Landgericht Traunstein gestern zu sechs Jahren Haft. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 74-Jährige seinen Vermögensberater im Juni 2009 aus Speyer an den Chiemsee entführte und ihn im Keller seines Hauses tagelang gefangen hielt. Auf diese Weise wollte er in einer Art Selbstjustiz rund 2,4 Millionen Euro zurückholen, die der 57-Jährige in den USA für die Rentner-Ehepaare mit hohen Zinsen angelegt, jedoch nicht zurückbezahlt hatte. Die Polizei befreite das Opfer. Die Richter verurteilten den Drahtzieher wegen Geiselnahme, seine Mittäter wegen Freiheitsberaubung. Ein 61 Jahre alter Komplize muss vier Jahre ins Gefängnis. Zwei Ehefrauen im Alter von 80 und 64 Jahren wurden zu anderthalb Jahren beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Gegen einen angeklagten Arzt kann derzeit nicht verhandelt werden. Der 67-Jährige ist krank. Der 74-jährige Haupttäter hatte zu Prozessbeginn eine Geiselnahme bestritten und zur Verwunderung des Gerichts lediglich von einer Einladung "für ein paar Tage Urlaub in Oberbayern" gesprochen. Der entführte Vermögensberater dagegen schilderte vor Gericht, wie er von seinen Peinigern geschlagen, festgehalten und gefesselt wurde: "Ich war voller Panik." In seiner Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter, die Aussagen des Opfers seien glaubwürdig. Er sprach von einem "spektakulären und aufsehenerregenden Fall der Selbstjustiz". Das Gericht bescheinigte dem 74-Jährigen eine große kriminelle Energie. "Er war der Initiator des Unternehmens Entführung nach Chieming." Die Geiselnahme sei aber nur ihm anzulasten. Nur er habe das Opfer mit dem Tode bedroht. Doch auch sein Komplize habe eine zumindest abstrakte Lebensgefahr des Anlageberaters in Kauf genommen. Der Vorsitzende sprach von Erstickungsgefahr des Gefangenen, dem der Mund mit Klebeband verbunden worden war. Zugunsten des 61-Jährigen sprach, dass er nicht an der Planung des Verbrechens beteiligt war. Den beiden Frauen bescheinigte das Gericht "eine Tatbeteiligung von erheblich geringerem Umfang". Die 80-Jährige habe sich nicht gegen ihren dominanten Mann wehren können. Die Staatsanwaltschaft hatte für den 74-Jährigen neun Jahre und für den Komplizen sieben Jahre Haft gefordert.

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