Die Stadt und der Müll

Paris · Ab 1. Oktober droht in Paris ein Bußgeld von 68 Euro für jede weggeworfene Kippe. Denn nicht nur den Touristen fällt der viele Dreck in der französischen Hauptstadt auf, sondern auch den Bewohnern.

Einen "romantischen Spazierweg abseits der großen Touristenziele", verspricht der Michelin-Reiseführer am Canal Saint-Martin in Paris . Doch wer dann wirklich an dem Wasserweg im zehnten Stadtbezirk entlangspaziert, findet nicht nur Romantik. Am Ufer sammelt sich der Müll, auf den Gehwegen liegen die Kippen und im Wasser schwimmen Bierflaschen. "Seien Sie nett und pinkeln Sie nicht an diese Tür", bitten die Bewohner der umliegenden Wohnhäuser die Besucher. Wie es in dem Partyviertel nach lauen Abenden aussieht, hat eine Bewohnerin auf der Plattform Instagram dokumentiert. "Welcome to Canal Saint-Martin - die andere Seite eines legendären Viertels", heißt ihr Foto-Blog, der viel Beachtung findet.

Doch nicht nur in der Gegend um den Canal Saint-Martin, auch anderswo verschandeln Plastikflaschen, Hundekot und Graffitis das Stadtbild von Paris . Die konservative Kandidatin für das Bürgermeisteramt, Nathalie Kosciusko-Morizet, sprach es im Kommunalwahlkampf vergangenes Jahr offen aus: "Paris ist dreckig." Einen schwachen 24. Platz belegte das Touristenziel Nummer eins auf einer Sauberkeitsskala von Städten, die das Reiseportal Tripadvisor 2012 erstellte. "Bei uns in der U-Bahn ist es sauberer als hier", kommentiert eine Familie aus der Millionen-Metropole Mexiko-Stadt ihre erste Fahrt in der Pariser Metro.

Nicht nur den 36 Millionen Touristen , die jährlich kommen, fällt der Dreck in der französischen Hauptstadt auf, auch die Pariser stören sich daran. "Ich bin viel in der Welt herumgekommen, doch Paris ist eine der dreckigsten Städte, die ich kenne", sagt ein 53-jähriger Franzose, der sich für seine Geburtsstadt schämt. Damit das nicht so bleibt, will die Stadtverwaltung künftig strenger gegen die Müllsünder vorgehen. Wer etwas auf die Straße wirft, soll dafür ab 1. Oktober 68 statt wie bisher 35 Euro bezahlen.

Mehr als 5000 Bedienstete in grünen Uniformen reinigen die Straßen der Stadt täglich bis spät abends. Besonders ärgerlich sind für die Reinigungsteams die tausende Kippen, die sie täglich aus den Ritzen des Asphalts fischen. Gerade vor Bürogebäuden oder großen Kaufhäusern, wo die Angestellten zur Zigarettenpause vor die Tür gehen, liegen die Zigarettenstummel zuhauf. Dabei gibt es in Paris rund 30 000 Mülleimer mit Extra-Vorrichtung zum Ausdrücken der Zigaretten.

"Wir können unser Bestes geben, aber nicht das Unmögliche möglich machen", heißt es auf einem Plakat der Stadtverwaltung. Die erinnert mit einer Liste von Selbstverständlichkeiten wie "Spucken Sie nicht auf die Straße" oder "Urinieren Sie nicht an öffentlichen Plätzen" an das Gebot zu mehr Sauberkeit. Im Mai hatte Bürgermeisterin Anne Hidalgo einen Samstag zum "Clean up Day" erklärt, bei dem Freiwillige ihr Viertel vom Müll befreiten. Das Motto des ersten Großreinemachens lautete: "Paris , mach dich schön."

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