„Eine starke und hilfsbereite Frau“

Lebach · Brigitta Ruhr

 Brigitta Ruhr

Brigitta Ruhr

Foto: privat

Brigitta Ruhr, Jahrgang 1942, geb. Thewes, ist die Tochter des Landwirtes Georg Thewes und seiner Frau Agnes Thewes, die in Lebach einen Bauernhof bewirtschafteten. Georg Thewes wurde kurz vor Kriegsende noch eingezogen - er war bis dahin freigestellt, weil sein Hof als ,,kriegswichtig" eingestuft wurde - und wurde einer Einheit zugeteilt, die bei den Rückzugsgefechten in Polen eingesetzt war. 1945 wurde Sohn Josef Thewes geboren. Er hat seinen Vater nie gesehen.

Josef Thewes und seine Schwester Brigitte wuchsen als Halbwaisen auf dem Bauernhof auf: "Meine Schwester und ich mussten von klein auf helfen."

Bruder Josef Thewes, Ehemann Paul-Albert Ruhr und ich sitzen zusammen und reden über eine Frau, deren Jugend geprägt war von schwerer körperlicher Arbeit auf dem Hof, von Schule - sie besuchte nach der Realschule in Lebach das Wirtschaftsgymnasium in Saarbrücken, machte dort 1963 ihr Abitur - und vom Engagement in der katholischen Kirche. Josef Thewes: "Unsere Mutter war überzeugte Katholikin und in diesem Glauben wuchsen wir auch auf. Meine Schwester war eine fleißige, auch ehrgeizige Tochter, arbeitete in der Kirchengemeinde Heilige Dreifaltigkeit mit, organisierte Ferienfreizeiten für die Kinder und studierte nach dem Abitur Pädagogik in Saarbrücken. Nach dem Examen 1966 arbeitete sie als Junglehrerin an der Volksschule in Schmelz."

Inzwischen hatte die Lehrerin Paul-Albert Ruhr, ihren späteren Ehemann, kennengelernt. Und zwar am 1. Mai 1965 bei einer Tanzveranstaltung in Lebach. Paul-Albert Ruhr war damals Zeitsoldat, Fahnenjunker bei der 2. Kompanie des Fallschirmjägerbataillons 261, das in Lebach stationiert war. Die beiden trafen sich immer öfter. Der Kontakt riss auch nicht ab, als der junge Fallschirmjäger nach Weingarten versetzt wurde: "Wir schrieben heiße Briefe und trafen uns." Nach der Entlassung aus der Bundeswehr begann der Ex-Fallschirmjäger ein Studium der Volkswirtschaftslehre (VWL) in Saarbrücken. Die Hochzeit war am 25. Juni1969, katholisch, in der Dreifaltigkeitskirche. Er erzählt: "Gefeiert wurde im Hotel Scherer in Lebach. Die Braut ganz in Weiß, und ich hatte einen dunklen Anzug an. 80 Gäste kamen zu unserer Feier. Es war ein schönes Fest. Meine Frau wurde nach der Hochzeit als Lehrerin an die Weyersberg-Schule nach Saarbrücken versetzt. Sie hat das Christentum gelebt, gab Firmungs- und Kommunionunterricht."

1974 erhielt Paul-Albert Ruhr, der 1969 sein VWL-Studium abgeschlossen hatte, ein interessantes Angebot beim Bundesverband der Pharma-Industrie in Frankfurt am Main. Die Familie siedelte um nach Eschborn bei Frankfurt: "Dort war künftig unser Lebensmittelpunkt. Wir bauten dort ein Haus. Meine Frau arbeitete im hessischen Schuldienst als Lehrerin in Steinbach im Taunus. 1973 wurde unsere Tochter Judith, 1976 Tochter Stephanie geboren. Meine Frau hat sehr gerne gelesen, vor allem über deutsche Geschichte. Im Sommer fuhren wir in Urlaub nach Frankreich in die Normandie, in die Bretagne oder in die Provence mit unserem VWVariant. Und im Winter fuhren wir Ski, meist in der Schweiz. Wir hatten einen großen Bekanntenund Freundeskreis. Unsere Töchter besuchten das Ursulinen- Gymnasium in Königstein im Taunus. Meine Frau kümmerte sich darum, dass die Töchter auch eine musische Ausbildung erhielten. Unsere Tochter Judith studierte später Medizin und Tochter Steffi Pädagogik. Und am Wochenende fuhren wir oft zur Oma auf den Bauernhof in Lebach. 2005 wurde Enkeltochter Anna, 2007 Enkeltochter Clara und 2008 Enkelsohn Lukas geboren. Oma Agnes brachte immer was vom Bauernhof mit, wenn sie uns besuchte."

Die Familie zog 2008 zurück ins Saarland, nach Lebach. Brigitta Ruhr engagierte sich wie früher im sozialen Bereich. Außerdem gab sie Deutschunterricht für Migranten-Kinder. 2008 erkrankte Enkeltochter Clara an Leukämie. Sie starb 2011. Unmittelbar, nachdem man ihre schwere Krankheit diagnostiziert hatte, erkrankte auch Brigitta Ruhr an schwerem Nierenversagen. Ehemann Paul-Albert Ruhr: ,,Ihre Nieren funktionierten einfach nicht mehr. Meine Frau musste drei Mal in der Woche zur Dialyse. Sie gab nicht auf, hoffte, dass sie wieder gesund werden könnte. Eine Transplantation wäre die Rettung gewesen. Aber wir fanden keine Spenderniere. Ich wollte ihr eine Niere spenden. Aber meine Niere passte nicht. Ich fand sie morgens tot im Bad."

Nach einer kurzen nachdenklichen Pause sagt er: "Wir haben viele Beileidbriefe erhalten, in denen sie als starke und hilfsbereite Frau beschrieben wird, die sich, solange sie es konnte, für die Mitmenschen engagiert hat. So war sie."

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