Gebaut in Eigenregie So wird ein VW-Transporter zum kuscheligen Campingmobil
Außen unscheinbar, innen urgemütlich und mit allem ausgestattet, was ein Urlauber braucht: Bis zwei Saarländer einen VW-Transporter in einen Campingwagen verwandelten, war es ein langer Weg.
Hinweis: Dieser Artikel stammt aus dem August 2021 und wurde im zurückliegenden Jahr von vielen Nutzerinnen und Nutzern gerne gelesen. Wir haben uns daher entschieden, ihn zwischen den Jahren noch einmal zu präsentieren.
In den sozialen Netzwerken sind selbst ausgebaute Camper voll im Trend. Auch Lea Becker (32) und Julian Hemmer (33) träumten lange davon. Das Paar lebt in Saarbrücken.
Dieses Blechschild – ein Urlaubssouvenir aus Amerika – begleitete Lea ihr halbes Leben. „Ich glaube, das hat mich zu dem Wunsch inspiriert, so etwas selbst einmal zu besitzen.“ Statt eines klassischen „Bulli“ wurde es dann ein T5 Transporter.
Den Transporter trieben die beiden in Landau auf. 19 000 Euro kostete das Gefährt, das vorher der Bahn gehört hat. Schwer vorstellbar, dass daraus mal ein gemütlicher Camper werden wird...
Es fehlte praktisch an allem – der Transporter war nicht mal gedämmt.
Auch einen richtigen Boden mussten die beiden erst einmal einziehen. Monate harter Arbeit folgten.
Für die Dämmung musste das Material erst in Form geschnitten werden.
Bereits jetzt mussten sich die beiden überlegen, wo später die Elektronik verlaufen soll.
Saarländer sind zwar von Natur aus handwerklich begabt. „Aber ohne meine Eltern, besonders meinen Vater, hätten wir das nie geschafft“, sagt Lea. Thomas Becker stand seiner Tochter mit Rat und Tat zur Seite – und brachte als Schlosser neben seiner Expertise auch eine perfekt ausgestattete Werkstatt im heimischen Saal (Landkreis St. Wendel) mit.
„Mein Vater kam mit Ideen und Werkzeugen um’s Eck, von denen wir noch nie etwas gehört haben.“ (Quasi-)Schwiegersohn Julian ließ sich gerne unterweisen. Zwar schraubt er gerne an Autos, doch nur im Miniaturformat: Er ist Vizepräsident des Saarbrücker Automodellclubs.
Bis auf die Heckfenster war der Transporterraum ursprünglich fensterlos. „Es war eine Überwindung, in so ein teures Fahrzeug einfach ein Loch reinzubohren“, sagt Lea. Am Ende trauten sie sich doch. Hier strahlt Julian aus der neu installierten Dachluke.
Auch an der Seite wurde ein Fenster eingebaut. Das macht den Innenraum nicht nur freundlicher, sondern sorgt auch für eine gute Luftzirkulation.
Eine besondere Herausforderung: die Elektronik. Unglaublich, was in einem so kompakten Camper alles steckt.
„Das war für mich das Schwiergste“, sagt Julian. Er konnte aber auf gute Schaltpläne zurückgreifen, die online zu finden sind. Und vorsichtshalber ließ das Paar das Ergebnis nochmal durch einen Elektriker checken. „Das ist einfach ein großes Gefahrenpotenzial, wenn man das nicht gelernt hat. Da kann dir so ein Ding halt auch mal abfackeln“, sagt Lea.
Bedient wird alles über dieses Steuermodul. Der Camper verfügt über eine Versorgungsbatterie, kann aber auch an Landstrom angeschlossen werden.
Eine installierte Photovoltaik-Anlage liefert ebenfalls Energie.
Nächster Schritt: die Holzverkleidung innen. Die Bretter mussten passgenau zurechtgesägt und anschließend angebracht werden.
Handwerken ist nicht nur Männerarbeit. Julian ist richtig stolz auf seine Freundin, die bis dato noch nicht viel Erfahrung damit hatte. „Sie hat sich am Anfang nicht so richtig an die Werkzeuge getraut. Am Ende war sie dann die Königin der Stichsäge.“ Wie man hier sieht, beherrscht sie auch nicht nur die.
Die Rahmen für den späteren Stauraum musste ebenfalls genau passen. Anleitungen dazu finden sich im Internet – wer von der Vorlage abweicht, muss allerdings alles selbst ausmessen.
Eine Ablagerille bietet zusätzlichen Stauraum, ohne dass der Innenraum zu eng wirkt.
Der Rahmen für die Regale ist fertig. Noch sind sie allerdings türlos.
Die Türen kamen im nächsten Schritt dazu. Sie lassen sich aufschieben, weil auch das weniger Platz wegnimmt.
So ein eigener Camper soll allerdings nicht nur funktional, sondern auch hübsch sein. Hier konnte sich Lea austoben: Die kreative Lehrerin verpasste den unscheinbaren Brettern mit Beize und Blattgold einen coolen Vintage-Look.
Montiert machen die selbstgestrichenen Schiebetüren ordentlich was her.
Um zum echten Campingwagen zu werden braucht es aber mehr als Dämmstoff und Holz. Neben den Baumaterialen waren viele Kleinigkeiten nötig, die das Innere erst richtig wohnlich machen. Die Kosten dafür läppern sich: Insgesamt gaben die beiden Saarländer 5500 Euro für den Ausbau aus.
Zwischenergebnis: Die Holzverkleidung ist dran. Links unten im Bild ist außerdem der Frischwassertank zu sehen, der später auch hinter Schiebetüren verschwindet.
Angezapft wird das Frischwasser über einen Wasserhahn, der in einem kleinen Spülbecken installiert ist.
Das schmutzige „Grauwasser“ läuft von dort in einen separaten Tank, der unter einer Sitzbank versteckt ist.
Clever: Mittels Schlauch und mit einem entsprechenden Aufsatz verwandelt sich der Wasserhahn in eine provisorische Dusche. So muss das Paar nicht unbedingt jede Nacht einen Campingplatz ansteuern.
Was fehlt noch? Natürlich eine Schlafgelegenheit. Hier baut Julian den Rahmen. Auch hier gibt es viele Möglichkeiten, aber schließlich entschieden sich die beiden für ein sogenanntes „Rock and Roll“-Bett. Das lässt sich zusammenklappen und ist dann eine zusätzliche Sitzbank.
Von hinten sieht das zusammengeklappt (aber noch ohne Matratze) so aus. Darunter ist mehr als genug Platz für Sperriges – beispielsweise Klappstühle.
Wer so etwas zum ersten Mal macht, trifft mitunter auf unerwartete Probleme. Julian führt den mit Scharnier befestigten Klapptisch mit Induktionsfeld vor. „Allein, bis das alles gehalten hat, ging ein halber Tag drauf“, sagt er. Dabei wären die beiden auch mit einem Gaskocher zufrieden gewesen. Der TÜV schreibt allerdings in Campingwagen eine fest installierte Kochplatte vor.
Beim Ausbau kam nicht nur schweres Gerät zum Einsatz, sondern auch eine Heißklebepistole. „Unser bester Mitarbeiter“, nennt Julian sie. Mit dem Heißkleber hielten auch Dinge bombenfest, die vorher einfach nicht dranbleiben wollten. Zum Beispiel dieses Tau, das dem Innenraum einen maritimen Flair verleiht, aber auch Kanten verdeckt.
Ein Blick ins Innere. Noch fehlt die Deko, aber der Transporter ist bereits kaum wieder zu erkennen.
Blick nach links: Noch fehlt die Matratze, die sich die beiden extra von einer Schneiderin anfertigen ließen. Aber man kann bereits die Sitzbank erkennen, die sich zum Bett ausklappen lässt.
Darunter: ein Kühlschrank. Das Wichtigste ist bereits drin.
Ein halbes Jahr lang kamen Lea und Julian fast jedes Wochenende nach Saal, um an ihrem Camper rumzuwerkeln. Steffi und Thomas Becker hatten daran keinen geringen Anteil. „Ich bin Leas Eltern so dankbar für die ganze Hilfe“, betont Julian. Und Lea ergänzt: „Wir sind dabei als Familie richtig zusammen gewachsen.“
Hund Nelli (gehört Leas Eltern) darf auch mal Probe sitzen. In einem geliehenen Camper wäre das nicht ohne weiteres möglich – „Tiere verboten“, heißt es häufig. Wer einen eigenen Camper hat, darf die Regeln glücklicherweise selbst aufstellen.
Die Matratze ist da, dazu wurde das Innere liebevoll dekoriert. Wow! Es fehlt nur noch eine Sache...
... aber die war zum Glück kein Problem. „Über den TÜV haben wir wahre Horrorstorys gelesen“, erzählt Lea. Die offizielle Zulassung zum Campingwagen scheiterte bei anderen bereits an Kleinigkeiten. Die beiden Saarländer haben aber auf Anhieb alles richtig gemacht. So sieht pure Freude aus!
In den Stolz über das Erreichte mischt sich allerdings auch Wehmut. „Irgendwie ist es schade, dass es vorbei ist“, meint Julian. „Aber ich glaube, dass es nicht der letzte Camper ist, den wir ausgebaut haben.“ Bis es soweit ist, haben die beiden sich aber erst einmal Erholung verdient. Ihr erster Trip führte sie ans Meer – nach Italien, Kroatien und Slowenien. Und in Zukunft? Wer weiß. Mit dem eigenen Camper sind die Möglichkeiten schließlich grenzenlos...
Wer die künftigen Urlaubsabenteuer der beiden verfolgen will, kann das bei ihren Instagram-Account „@I_like_big_bus“