Zum Tod von Kofi Annan Spitzendiplomat und Weltgewissen

Genf · Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan ist am Samstag im Alter von 80 Jahren gestorben.

(dpa) Wie kein zweiter war Kofi Annan das personifizierte Weltgewissen. Der integre Diplomat aus Ghana hat sein Ansehen als moralische Autorität geschickt eingesetzt, um als UN-Generalsekretär globale Probleme wie die Aids-Epidemie und Terrorismus anzupacken. Am Samstag ist Annan nach kurzer Krankheit im Alter von 80 Jahren im schweizerischen Bern gestorben.

In den höchsten Etagen der Vereinten Nationen hinterließ er ab 1987 als stellvertretender Generalsekretär seine Handschrift, bald auch als Chef der UN-Friedenstruppen. Mit dem Völkermord in Ruanda im Jahr 1994 erlebte Annan in dieser Position eines der dunkelsten Kapitel seiner Karriere. Auch das Massaker an 8000 Muslimen in der bosnischen Stadt Srebrenica im Jahr 1995 – das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg – lastete mit auf seinen Schultern. Beide Tragödien verfolgten Annan auch nach seinem Antritt als UN-Generalsekretär im Jahr 1997. Die von ihm angeordneten Untersuchungsberichte fanden deutliche Kritik am Vorgehen der UN.

Als Nachfolger des Ägypters Butros Butros-Ghali führte Annan als UN-Chef die Weltgemeinschaft mit ruhiger Hand durch zehn wechselhafte Jahre. Annan paarte als UN-Chef Realismus mit moralischer Führungsstärke und nutzte sein Verhandlungsgeschick, um die Staaten der Vereinten Nationen bei globalen Fragen aus ihrer nationalen Reserve zu locken. Er kam als bescheidener Spitzendiplomat daher. Als er und die UN 2001 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden, bezeichnete ihn das „Time“-Magazin als womöglich „beliebtesten politischen Power-Player weltweit“.

Aber auch die Jahre, in denen Annan die UN lenkte, hatten ihre Schattenseiten. Ein Beispiel ist das Programm „Oil For Food“, das dem Irak den Ölhandel trotz bestehender Sanktionen erlaubte, um Lebensmittel zu kaufen. Der Diktator Saddam Hussein konnte es laut CIA missbrauchen.

Kofi Atta Annan wurde am 8. April 1938 geboren, als sein Heimatland Ghana noch eine britische Kolonie war. Er wuchs in den Jahren der Unabhängigkeitsbewegung auf, was ihn sehr prägte. 1962 begann er seine Karriere als Beamter bei der UN in Genf. Nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit im Dezember 2006 gab es in Ghana Spekulationen, ob er als Präsidentschaftskandidat antreten würde. Über die afrikanische Politik äußerte Annan sich in den Folgejahren sehr kritisch: Afrikas Wachstum könne sich verdoppeln, die Armut drastisch reduziert werden, wenn sich endlich die Regierungsführung verbessern würde.

(dpa)
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