Wer ist Achim Steiner? Der ranghöchste Deutsche bei den Vereinten Nationen

NEW YORK (dpa) Jeden Morgen tritt Achim Steiner als erstes an die Fensterfront seines Eckbüros im 21. Stock, das Hauptgebäude der Vereinten Nationen steht schräg gegenüber. „Ich schaue für zwei, drei Minuten aus dem Fenster auf New York hinunter.

 Achim Steiner ist der Chef von weltweit 15 000 Mitarbeitern.

Achim Steiner ist der Chef von weltweit 15 000 Mitarbeitern.

Foto: dpa/Sebastian Pani

Das gibt einem Perspektive“, erklärt er. „New York ist für mich ein faszinierender Ort, um dort zu arbeiten, denn es ist ein Mikrokosmos der Zukunft – sowohl wenn es um Aufregung geht, als auch um verpasste Chancen.“

Seit einem Jahr ist Steiner Chef des Programms UNDP, das sich mit rund 15 000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 4,3 Milliarden Euro um die Stabilisierung und Entwicklung von Ländern auf der ganzen Welt kümmert. Steiner, der zuvor unter anderem das UN-Umweltprogramm geleitet hat, ist damit der ranghöchste Deutsche bei der Weltorganisation in New York. „Jeden Morgen stehe ich hier, schaue aus dem Fenster und sehe das Hauptgebäude. Ich glaube an die Idee der Vereinten Nationen. Es ist sehr wichtig, das nicht einfach abzutun, denn das macht den Unterschied aus, ob man einfach für etwas arbeitet, oder etwas tut, woran man glaubt – auch wenn es nicht perfekt sein mag.“

Das UN-Entwicklungsprogramm soll Ländern bei Sozialsystemen helfen, Gesundheitssystemen, Wahlen und anderen essenziellen Dingen. In der Realität müssen die Mitarbeiter, die in mehr als 170 Staaten arbeiten, aber häufig erstmal Hilfe bei akuten Krisen und Konflikten leisten. Wenn Steiner morgens seine E-Mails checkt, liest er häufig von neuen Notsituationen: Bomben in Syrien, oder Kriegsverletzte im Jemen. Oft muss er dann sofort Entscheidungen fällen, manchmal hat er sie auch schon mitten in der Nacht getroffen.

UNDP-Chef ist ein Job, der einen praktisch 24 Stunden am Tag fordert. Generalsekretär António Guterres lobt die „umfangreichen Erfahrungen aus höchsten Führungspositionen“ bei Fragen zum Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung, die Steiner mit in den Job gebracht hat. Der 57-Jährige sei „genau der Richtige“, hatte der damalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) Steiners Ernennung kommentiert.

Geboren wurde er 1961 als Sohn eines ausgewanderten deutschen Farmers in Brasilien. Er studierte Philosophie, Politik und Wirtschaft, unter anderem in Oxford, London und Berlin, und arbeitete danach für Naturschutzorganisationen in den USA und Asien. „Ich fühle mich extrem privilegiert durch das, was ich als Kind erleben durfte, und dadurch, dass ich später im Leben meinen Traum ausleben und in vielen verschiedenen Kulturen leben durfte. Ich liebe den Moment, wenn ich in einem Land ankomme und quasi Analphabet bin.“ Er hat unter anderem in Indien, Vietnam und Pakistan gelebt und gearbeitet. Sein Zuhause sieht Steiner, er ist verheiratet und hat einen Sohn, aber trotz aller Umzüge immer noch in Deutschland. „Ich habe eine große Affinität zu Bayern, das ich aufgrund meiner familiären Wurzeln auch als Zuhause ansehe. Trotzdem würde  ich hier wahrscheinlich nie in Lederhosen herumlaufen – auch wenn ich ein Paar besitze.“

Steiners Amtszeit als UNDP-Chef dauert vier Jahre, traditionell wird eine zweite Amtszeit angeschlossen. Er soll die von vielen als ineffizient und aufgeblasen kritisierte Institution reformieren und muss gleichzeitig die Finanzierung durch die internationale Gemeinschaft in Zeiten harter Kritik etwa durch US-Präsident Donald Trump sicherstellen. „Mein Fokus liegt momentan darauf, wie ich diese Institution vor dem Hintergrund sehr kritischer politischer Umstände auf das nächste Level führen kann.“

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