Kommentar Parteierneuerung in der Zwickmühle

Die Mitgliederschaft der SPD, die künftig stärker einbezogen werden soll, ist im Schnitt 60 Jahre alt und von Beruf meist Verwaltungsangestellter oder Beamter. Schwarmintelligenz wird da nicht automatisch zu besseren Ergebnissen führen. Die auf dem Parteitag in Berlin beschlossene organisatorische Erneuerung ändert nichts an der Grundproblematik: Alle Volksparteien verlieren Mitglieder und Wähler, weil die Milieus, aus denen sie entstanden sind, verschwinden und verschwimmen. Bei der SPD wirkt das am stärksten. Sie braucht eine neue Erzählung, die sie auch für andere Schichten anziehend macht. Zum Beispiel: Eine gerechte Gesellschaft, die leistungsfähig ist und zusammenhält. Die Zielgruppe wären dann nicht mehr nur die klassischen Industriearbeiter, sondern alle, die unsere Gesellschaft tragen. Auch die Dienstleistungsberufe, die prekär Beschäftigten der neuen digitalen Welt, Alleinerziehende, Ärzte.

Kommentar: Parteierneuerung   in der Zwickmühle
Foto: SZ/Roby Lorenz

Nur lauert bei einer Partei, die regiert, hinter jeder konkreten Forderung zur Umsetzung eines solchen Ziels immer die Verpflichtung, Kompromisse eingehen zu müssen. Das ist eine immerwährende Zwickmühle. Es gibt jetzt eine große Sehnsucht nach einer neuen Reinheit der Lehre. Dem muss die SPD widerstehen, wenn sie Volkspartei bleiben will. Sie muss Kompromisse finden und diese auch offensiv erklären, nicht verschämt wie so oft in der Vergangenheit.

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