Schengen Berlin gegen Ausweitung des Schengen-Raums

Brüssel · Reisen ohne Grenzkontrollen ist eine der größten Errungenschaften Europas. Doch was gilt in Zeiten des Terrors?

 Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hält an Grenzkontrollen in Krisenzeiten fest.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hält an Grenzkontrollen in Krisenzeiten fest.

Foto: dpa/Matthias Balk

() Deutschland und andere Länder des Schengenraums könnten bald die Möglichkeit bekommen, bei Terrorgefahr einfacher und länger Grenzkontrollen einzuführen. Die EU-Kommission kündigte gestern an, sie werde „sehr bald“ einen Vorschlag vorlegen, um die Regeln des Schengenraums an die anhaltende Terrorbedrohung anzupassen.

Deutschland lehnt den Abbau weiterer Schlagbäume an Grenzen in der EU ab und wird die eigenen Kontrollen an Übergängen zu Österreich auf unbestimmte Zeit fortsetzen. Dies machte Innenminister Thomas de Maizière gesternin Brüssel klar. Und die EU-Kommission akzeptiert scheint dies nun zu akzeptieren, obwohl im Schengen-Raum eigentlich keine Grenzkontrollen vorgesehen sind. Die Regeln sollten verändert werden, sagte der zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Mittwoch vorgeschlagen, alle EU-Staaten in das Schengen-Abkommen von 1985 aufzunehmen, mit dem ständige Grenzkontrollen zwischen den beteiligten Ländern abgeschafft wurden. Das Angebot richtete sich vor allem an die neuen EU-Mitglieder Bulgarien, Rumänien und Kroatien. Doch sieht es zunächst nicht danach aus – im Gegenteil.

Dem Schengenraum gehören derzeit 26 Länder an – 22 EU-Staaten sowie Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein. Bürger können sich normalerweise ohne Kontrollen zwischen den Mitgliedstaaten bewegen, kontrolliert wird nur an den Außengrenzen. Auch die Wirtschaft profitiert: Güter können schneller und besser planbar zu Abnehmern gebracht werden.

De Maizière sagte, er teile zwar Junckers Vision zur Ausweitung des Schengenraums auf alle EU-Staaten. „Aber ehrlich gesagt, ist es noch ein ziemlich langer Weg“, sagte der CDU-Politiker. Zu den in der Flüchtlingskrise 2015/2016 eingeführten Kontrollen an einigen Grenzen im Schengen-Raum sagte er: „Solange die EU-Außengrenzen nicht sicher genug sind, wird es auch das Erfordernis von Binnengrenzkontrollen geben.“

Die EU-Kommission hatte jüngst erklärt, die damals gewährten Ausnahmen von den Schengen-Regeln liefen im November unwiderruflich aus. Allerdings könnte Deutschland sie mit anderer Begründung auch danach fortsetzen.

Deutschland, Frankreich, Österreich, Dänemark und Norwegen hatten zuvor in einem Diskussionspapier „eine gezielte Ergänzung“ des Schengener Grenzkodex gefordert. Die Einführung von Grenzkontrollen wegen der Terrorbedrohung soll dadurch einfacher gemacht werden und zudem die mögliche Maximaldauer von zwei auf vier Jahre erhöht werden.

EU-Kommissar Avramopoulos bekräftigte, die mit dem Schengen-Abkommen erreichte Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen sei eine der größten Errungenschaften der Europäischen Union und unbedingt zu verteidigen. Doch hätten sich in vergangenen Jahren Sicherheitsbedrohungen ergeben, wie die jüngsten Terroranschläge in Spanien und Finnland belegten.

„Die Schengen-Grenzregeln sind womöglich nicht ausreichend, um diesen Sicherheitsherausforderungen Rechnung zu tragen“, räumte der Kommissar ein. Deshalb werde man einen Vorschlag zur Änderung der Regeln machen.

Die Forderung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, auch Rumänien und Bulgarien „unverzüglich“ in den Schengenraum aufzunehmen, stieß auch in Österreich auf Ablehnung. Vizekanzler Sebastian Kurz sagte, es gebe Regeln für alle Mitgliedsstaaten, die erfüllt sein müssten. Anders gehe es nicht. „Der Euro und die Schengenzone, die waren und sind für jeden offen, allerdings nur für jeden, der auch die Kriterien erfüllt.“

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