Enkelgeneration leidet unter Kriegsfolgen

Göttingen. Die Generation der 35- bis 55-Jährigen leidet aus Expertensicht noch heute unter unverarbeiteten Kriegserlebnissen ihrer Eltern und Großeltern

Göttingen. Die Generation der 35- bis 55-Jährigen leidet aus Expertensicht noch heute unter unverarbeiteten Kriegserlebnissen ihrer Eltern und Großeltern. Für die traumatischen Erfahrungen der Kriegsgeneration habe es damals noch keine Therapien gegeben; daher hätten viele Betroffene emotionale Störungen entwickelt und diese mitunter an ihre Kinder weitergegeben, sagte der Psychohistoriker und Informatiker Winfried Kurth gestern in Göttingen. "Die Folge: Die Kriegsenkel haben kein Selbstwertgefühl mitbekommen, leiden daher an Ängsten, entwickeln Bindungsprobleme und verspüren Heimatlosigkeit." Umso wichtiger sei es, Aufklärungsarbeit wie Familienforschung zu betreiben, um mögliche Ursachen psychischer Probleme gezielt bearbeiten zu können, mahnte Kurth. "Es besteht die Gefahr, dass diese emotionalen Störungen auch den nächsten Generationen, den Kindern und Jugendlichen von heute, weitergegeben werden."Nach Einschätzung Kurths scheinen Kriegsenkel stärker in Gefahr zu sein, Opfer sexualisierter Gewalt zu werden. So sei bei der Aufdeckung des Missbrauchsskandals 2010 deutlich geworden, dass viele Opfer aus dieser Generation stammen. Kurth äußerte sich vor der Tagung zum Thema "Die Kinder der Kriegskinder", die von Freitag bis Sonntag in Göttingen stattfindet. kna

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