„Silberne Spieler“ zocken mit neuen Medien

Gemessen an den Nutzerzahlen kann sie mit den Jüngeren noch nicht mithalten. Und doch gibt es sie: die „grauhaarige Spielergeneration“, wie sie in einer Studie betitelt wird.

"Ältere spielen durchaus, wenn auch nicht in Massen", beschreibt der Paderborner Professor Jörg Müller-Lietzkow das Phänomen.

Schon in den vergangenen Jahren zeigte sich, dass diejenigen, die der "Generation C64" oder "Generation Atari" zugeordnet werden können, mit dem Älterwerden weiter am Computer spielen. Kein Wunder: Viele Spielearten aus dieser Zeit sind heute wieder als sogenannte Browser-Games verfügbar. Laut aktuellen Daten des Branchenverbands Bitkom spielt jeder Dritte (35 Prozent) in Deutschland ab 14 Jahren Video- oder Computerspiele. Bei den Befragten der Altersgruppe 50 bis 64 Jahre ist es knapp jeder Fünfte (18 Prozent).

In den meisten Fällen kommen die sogenannten Serious Games bei den Älteren gut an: Das sind zum Beispiel Lern- und Logikspiele sowie Gedächtnistraining. "Viele haben sich den Nintendo DS nur deshalb gekauft, weil darauf ‚Dr. Kawashimas Gehirnjogging' lief", sagt Linda Breitlauch, Professorin für Gamedesign an der privaten Games Academy Hochschule in Berlin. Klassische Gesellschaftsspiele wie Skat, Poker oder Schach sind ebenfalls beliebt. "Aber auch Blockbusterspiele wie ‚World of Warcraft' werden genutzt." Eine qualitative Studie aus dem Jahr 2009 ergab, dass die Hälfte der Befragten solche Online-Rollenspiele nutzte. Die andere Hälfte spielte eher off line. Befragt wurden 21 Spieler zwischen 35 und 73 Jahren.

Nur wenig Anklang finden Egoshooter. Vor allem in den Mehrspieler-Modi sind dort nur wenige Ältere vertreten: "Gegen die Jüngeren haben sie einfach keine Chance. Schon ab 25 Jahren lässt die Reaktionszeit nach", sagt Breitlauch. "Viele Titel sind von der Erzählstruktur und der Spielemechanik außerdem auf Jüngere ausgerichtet", ergänzt der Münsteraner Professor Thorsten Quandt.

Abgeholt wird die ältere Generation derzeit in erster Linie über Spiele, die auf dem Tablet-PC oder Smartphone laufen. "Dort findet eine Renaissance von alten Klassikern sowie Brett- und Kartenspielen statt", sagt Müller-Lietzkow. Populär sind etwa Titel wie "Tetris" oder "Angry Birds". Tablets punkten in Sachen Bedienbarkeit: "Die Hemmschwelle vor zu viel Technik und langwieriger Installation ist dadurch gesunken", stellt Breitlauch fest. Außerdem sei ein Touchscreen leichter zugänglich als die Bedienung über Tastatur oder Controller. Ähnlich unkompliziert ist nur die Wii von Nintendo, sagt die Expertin: "Da wurde eine andere Metapher gewählt und die ältere Zielgruppe mit Hilfe der Fernbedienung perfekt abgeholt."

Den Einstieg in die Welt der Computerspiele finden viele Ältere über die Familie: "Meist ist es so, dass die Technologie von den Kindern mit nach Hause gebracht wird", sagt Quandt. Senioren sollten sich deshalb nicht scheuen, deren Expertenwissen anzuzapfen: "Lassen Sie sich das von den Jüngeren zeigen. Spiele wie Fußballmanager sprechen zumindest fast alle Männer an", meint Müller-Lietzkow.

Beim Spielen gemeinsame Sache mit den Enkeln zu machen, ist für Großeltern nicht nur eine schöne Sache - ihnen bleibt auch nicht viel anderes übrig. Diesen Eindruck hinterlässt zumindest die qualitative Studie: Die Befragten gaben an, bei Partnern und Gleichaltrigen auf wenig Verständnis für ihr Hobby zu stoßen. Viele Ältere organisieren sich bei Online-Rollenspielen daher in sogenannten Gilden und Spieleforen, hat Breitlauch beobachtet. Sie glaubt aber auch, dass es in Zukunft mehr Spieletitel geben wird, die gezielt Ältere ansprechen. "Und auch die Altersheime könnten noch ein Markt werden", sagt Müller-Lietzkow. Dort kämen vor allem Spiele zum Einsatz, die Motorik und Gleichgewicht trainieren.

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