Jugendliche sollen keinen Schnaps mehr tanken

Berlin. Viele Jugendliche starten bereits im Vollrausch in die Disco. Bei immer mehr Minderjährigen enden die Exzesse im Krankenhaus. Die Tankstellen in Deutschland wollen den Alkohol-Hahn jetzt zudrehen. Ausweiskontrollen sollen bei jugendlich aussehenden Kunden zur Gewohnheit werden. Ab Jahresende sollen Jugendliche in den Shops dann auch nicht mehr billig Hochprozentiges tanken können

Berlin. Viele Jugendliche starten bereits im Vollrausch in die Disco. Bei immer mehr Minderjährigen enden die Exzesse im Krankenhaus. Die Tankstellen in Deutschland wollen den Alkohol-Hahn jetzt zudrehen. Ausweiskontrollen sollen bei jugendlich aussehenden Kunden zur Gewohnheit werden. Ab Jahresende sollen Jugendliche in den Shops dann auch nicht mehr billig Hochprozentiges tanken können. Mit dieser Selbstverpflichtung wollen die Tankstellen Verkaufsverboten zuvorkommen.

Grölende Jungen und Mädchen und zerschlagene Flaschen sind vor allem am Wochenende Alltag zwischen Brennpunkt-Tankstellen deutscher Städte. "Zwischen 22 und 24 Uhr wird Alkohol an Tankstellen gekauft, weil er billiger als in der Disco ist", räumt der Chef des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen, Gerd Deisenhofer, ein. Die Tankstellen sind nicht die einzigen Bezugsquellen. Bei der Vorstellung des neuen Aktionsplans der Verbände gestern ist viel vom Vorbildcharakter für den gesamten Handel die Rede. Die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD, Foto: dpa) erinnert an die Verantwortung von Familie, Freunden, Schule und der Gastronomie. Doch der Druck soll steigen.

In Berlin gabelte die Polizei kürzlich in einer Nacht fünf 15-Jährige auf - so sturzbetrunken, dass sie nicht mehr gehen konnten. Ein Mädchen lag reglos auf dem Bürgersteig. Mehr als 23 000 unter 20-Jährige werden inzwischen im Jahr mit Alkoholvergiftung in die Klinik gebracht.

Ohne den einfachen Griff zum Alkohol würden viele mit dem massiven Trinken gar nicht erst anfangen, sagen Suchtexperten und Verhaltenspsychologen. Wegen der Gefahren für die Jugend und wachsender Kriminalität von Betrunkenen soll in Baden-Württemberg nachts an Tankstellen, Bahnhofskiosken und Supermärkten bald gar kein Alkohol mehr verkauft werden dürfen.

Deisenhofer gibt zu, dass die Branchenversprechen für mehr Jugendschutz nicht ohne Hintergedanken kommen. "Wenn wir das nicht schaffen, muss der Gesetzgeber handeln", warnt er. Die Pächter sollen also ihr Personal schulen und die Regeln bekannt machen, nach denen es für unter 16-Jährige gar keinen Alkohol gibt und bis zum Alter von 18 Jahren keinen Schnaps. Kassierer, die nachts allein in der Tankstelle sind, müssten lernen, standfest zu bleiben, wenn 17-Jährige Wodka verlangen.

Kassen, die beim Einscannen von Hochprozentigem piepsen, und weniger verkaufte Flaschen führen zu Kosten und Einbußen. Getränke machen rund ein Drittel des Bruttoverdiensts in den Tankstellen-Shops aus. Krankenkassen rechnen gegen: Allein 15 Millionen Euro koste die Behandlung betrunkener Jugendlicher im Krankenhaus pro Jahr. Suchtexperten, Grüne und Kinderschützer werfen der Bundesregierung Laschheit vor. Selbstverpflichtungen brächten wenig, meinen sie. Und selbst die Drogenbeauftragte der Unionsfraktion, Maria Eichhorn (CSU), meint: "Da Autofahren und Alkoholkonsum nicht zusammengehören, sollte über eine generelle Beschränkung des Alkoholverkaufs an Tankstellen nachgedacht werden."

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