Das Ende der Koalition wirft seine langen Schatten voraus

Berlin. Sechs Stunden lang saßen sie bis morgens um halb zwei im Speisezimmer von Angela Merkel im achten Stock des Kanzleramtes zusammen, bei Kalbsschnitzel, Bratkartoffeln und gemischtem Salat. Doch hinterher schien es, als wären die Spitzenvertreter von Union und SPD auf zwei verschiedenen Veranstaltungen gewesen

Berlin. Sechs Stunden lang saßen sie bis morgens um halb zwei im Speisezimmer von Angela Merkel im achten Stock des Kanzleramtes zusammen, bei Kalbsschnitzel, Bratkartoffeln und gemischtem Salat. Doch hinterher schien es, als wären die Spitzenvertreter von Union und SPD auf zwei verschiedenen Veranstaltungen gewesen. Während CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer zum Beispiel meinte, das sei das schwierigste Koalitionstreffen in dreieinhalb Jahren gewesen, befand SPD-Fraktionschef Peter Struck: "Ich hab schon Schlimmeres erlebt." Allerdings, einen neuen Termin vereinbarten die Koalitionäre nicht.

Die unterschiedlichen Interpretationen zeigen eine bemerkenswerte Veränderung. Während die Union früher die Ergebnisse flugs auf sich und Kanzlerin Angela Merkel münzte, ist es jetzt vor allen Dingen die SPD, die zeigen will, dass man in der Krise gediegen regiert. Die Menschen erwarteten, dass man so lange wie möglich professionell zusammenarbeite, sagte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). "Das ist jetzt nicht die Zeit, um Wirtshausschlägereien anzufangen." Ramsauer hingegen fand, das Ende der großen Koalition werfe "seine Schatten voraus". Der Wille zum Kompromiss sei nicht sehr ausgeprägt gewesen. In einigen Punkten aber trafen die Koalitionäre trotzdem Entscheidungen (siehe nebenstehenden Text).

Strittig blieb in der Runde die Neuorganisation der Jobcenter. Die Union lehnt es weiter ab, jetzt einfach mit einer Verfassungsänderung die vom Verfassungsgericht als unzulässig eingestufte Mischverwaltung aus Bundesagentur für Arbeit und Kommunen zu legalisieren. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) soll einen neuen Vorschlag vorlegen. Das gilt auch für den Mindestlohn bei der Zeitarbeit. Die Einbeziehung dieser Branche in das Arbeitnehmerentsendegesetz wurde noch nicht geregelt.

"Die SPD möchte die Tarifpartner entmachten", schimpfte die Union. Um zusätzlichen Streit zu vermeiden, wurde über weitere Nachbesserungen bei der Abwrackprämie erst gar nicht gesprochen. Und auch bei Hilfen für die Bauern, zum Beispiel über eine Senkung der Steuer auf Agrardiesel, wurde keine Einigung erzielt. Die SPD habe ein "regelrecht gehässiges Verhältnis" zur Landwirtschaft, empörte sich Ramsauer.

Abgelehnt wurde demgegenüber von der Union der SPD-Vorstoß, das Wahlrecht noch vor dem Urnengang am 27. September zu ändern und die so genannten Überhangmandate abzuschaffen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die jetzige Regelung zwar für rechtswidrig befunden, aber Zeit bis 2010 gelassen. Die Union habe, kritisierte Steinbrück, an einer schnellen Neuregelung kein Interesse, weil sie von diesen Mandaten am meisten profitiere. "Das ist die banale Wahrheit", so Steinbrück.

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