Hartz-Comeback überraschend abgesagt

Saarbrücken. Viele kennen das. Ein Vorstellungsgespräch nach dem anderen, eine Absage nach der anderen. Ein fataler Kreislauf, der einen immer weiter nach unten zieht. Besonders bitter wird das für Langzeitarbeitslose, die ein Jahr und länger vergeblich auf der Suche nach einer neuen Chance sind

Saarbrücken. Viele kennen das. Ein Vorstellungsgespräch nach dem anderen, eine Absage nach der anderen. Ein fataler Kreislauf, der einen immer weiter nach unten zieht. Besonders bitter wird das für Langzeitarbeitslose, die ein Jahr und länger vergeblich auf der Suche nach einer neuen Chance sind.

Gerade ihnen sollte jetzt ein neues Konzept helfen, das der ehemalige VW-Vorstand und Kanzlerberater Peter Hartz mit mehreren Wissenschaftlern aus ganz Deutschland entwickelt hat. Es sollte im Saarland als Pilotregion getestet werden. Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen sollten mit finanzieller Unterstützung Langzeitarbeitslose in Gruppen- und Einzeltrainings fitter machen, sie beobachten, ihre Stärken ermitteln, ihr Selbstbewusstsein fördern und besondere Fähigkeiten herausarbeiten. Jetzt bleibt das Konzept in der Schublade.

Otto-Werner Schade (Foto: Becker & Bredel), Chef der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit und selbst lange ein Befürworter der Hartz-Vorschläge, distanzierte sich gestern selbst von Hartz. Gleichzeitig regte er sich aber darüber auf, "dass wir heute in der Gesellschaft nicht mehr über die Sache diskutieren, sondern über Personen. Das halte ich für zynisch. Das erschreckt mich". Fest steht jetzt aber wohl auch: Zu jung sind in der öffentlichen Wahrnehmung noch die Vorgänge um die Lustreisen bei VW und die Verurteilung von Peter Hartz. Er ist nach wie vor umstritten.

Der Stopp des Hartz-Vorstoßes löste gestern im Saarland in Wirtschaft und Politik völlig konträre Reaktionen aus. Joachim Malter etwa, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Saarländischer Unternehmensverbände (VSU) rät, die Hartz-Vorschläge objektiv zu prüfen, auch unabhängig vom Namen Hartz. In vielen Familien von Langzeitarbeitslosen herrsche Ratlosigkeit. "Man muss diese Menschen stärker persönlich betreuen", so Malter. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Saarland zog es vor, sich erst gar nicht zu äußern. Die Handwerkskammer (HWK) ging auf Distanz zu Hartz. Dietmar Henle, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit: "Der Name Peter Hartz ist in Zusammenhang mit Hartz IV und der VW-Affäre sehr negativ besetzt und wirkt in der Öffentlichkeit eher als Reizfigur. Das ist der Sache deshalb nicht sehr förderlich, sondern wirkt eher kontraproduktiv." Die Landesregierung betonte: "Wir haben mit der ganzen Sache nichts zu tun. Wir haben keinen Auftrag an Herrn Hartz vergeben und auch von dem geplanten Konzept nichts gewusst", so Regierungssprecher Thomas Diehl. SPD-Landeschef Heiko Maas fordert, die Sache müsse im Vordergrund stehen. "Was als Konzept gut ist, kann nicht schlecht werden, nur weil einem der Verfasser nicht passt." FDP-Chef Christoph Hartmann gibt zu bedenken: "Wenn Peter Hartz etwas Positives beisteuern kann, dann muss er herzlich willkommen sein. Ich hätte als Wirtschaftsminister kein Problem damit, Peter Hartz anzurufen und zu fragen, welche Ideen er hat. Die muss man ideologiefrei prüfen."

Markus Tressel, Generalsekretär der Bündnis-Grünen stellt fest: "Wir haben zwar auch Probleme mit der Person Hartz, aber wenn seine Ideen zur Langzeitarbeitslosigkeit gut sind, dann sollte man die verfolgen." Das sieht DGB-Chef Eugen Roth genauso, während der Landesvorsitzende der Linken, Rolf Linsler urteilt, Peter Hartz stehe in der Öffentlichkeit symbolhaft für Armut und Sozialabbau. Peter Hartz zeigte sich enttäuscht. Er nehme die Entscheidung zur Kenntnis und respektiere sie. Hartz will die Studie nun ins Internet stellen. Dann könne jeder selbst urteilen.

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