AfD wirbt um Juden – und erntet Empörung

Berlin · Die ehemalige Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch bezeichnet die Partei als rechtsextrem und für keinen Juden wählbar.

AfD-Chefin Frauke Petry, hier 2014 in Berlin noch vereint mit Björn Höcke, der kürzlich das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet hatte. Zwischen beiden ist jetzt ein Machtkampf ausgebrochen. Foto: Jensen/dpa

AfD-Chefin Frauke Petry, hier 2014 in Berlin noch vereint mit Björn Höcke, der kürzlich das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet hatte. Zwischen beiden ist jetzt ein Machtkampf ausgebrochen. Foto: Jensen/dpa

Foto: Jensen/dpa

AfD-Chefin Frauke Petry hat heftige Kritik mit der Aussage hervorgerufen, ihre Partei sei ein "Garant jüdischen Lebens" in Deutschland. Die AfD stehe vielmehr für "Holocaustrelativierung oder gar -leugnung sowie offene Nähe zur Neonaziszene", erklärte gestern die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Der Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, Volker Beck (Grüne), warf Petry "politische Scharlatanerie" vor. "Wenn Petry die AfD als ‚Garant jüdischen Lebens' am Markt positionieren möchte, erinnert sie an den Teufel, den man mit dem Beelzebub austreibt. Die AfD ist eine Partei, in der sich Antisemiten pudelwohl fühlen können", sagte Beck. Wer das Judentum wirklich schützen wolle, müsse die Religionsfreiheit verteidigen, beim Tierschutzgesetz, bei der Beschneidung oder bei religiösen Kopfbedeckungen. Knobloch wies die Avancen der AfD ebenfalls klar zurück. Die Partei sei für Juden in Deutschland "nicht wählbar". "Es ist an Dreistigkeit und Verlogenheit kaum zu übertreffen, wie die AfD die berechtigten Sorgen jüdischer Menschen vor Antisemitismus unter Muslimen in Deutschland für ihre Zwecke missbraucht." Diese Sorgen seien zwar berechtigt, doch sei der Antisemitismus nicht erst durch die aktuelle Zuwanderung importiert worden, sondern "wuchert bereits seit langem in der muslimischen Gemeinschaft hierzulande". Petry hatte der Zeitung "Die Welt" von gestern gesagt, die AfD sei "einer der wenigen politischen Garanten jüdischen Lebens auch in Zeiten illegaler antisemitischer Migration nach Deutschland". Auch gehöre es für ihre Partei "zum politischen Selbstverständnis, an die Grauen des Holocaust zu erinnern".

Die AfD-Chefin reagierte auf Kritik des Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, der die AfD ebenfalls in der "Welt" als "Schande für Deutschland" bezeichnet hatte. Die AfD sei "als rechtsextrem anzusehen" und stehe "für Revisionismus, religionsfeindliche Konzepte, eine völkisch-nationalistische Vision, für rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Thesen", warf Knobloch der Partei vor. Wenn überhaupt distanziere sich die Partei nur halbherzig von Provokationen aus den eigenen Reihen.

Der thüringische AfD-Landeschef Björn Höcke hatte mit Bezug auf das Holocaustmahnmal in Berlin von einem "Denkmal der Schande" gesprochen. Zudem sprach er von einer "dämlichen Bewältigungspolitik" und forderte eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad". "Wer so formuliert, der öffnet seine Türen für Antisemiten und Revisionisten", sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der "Bild"-Zeitung: "Die AfD ist ein Garant für religiöse Intoleranz und Respektlosigkeit."

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