Irlands soziale Revolution

Dublin · Bis 1993 stand Homosexualität in Irland unter Strafe. Doch nun hat das Land gleichgeschlechtliche Ehepaare mit Ehen zwischen Mann und Frau gleichgestellt – und zwar als weltweit erstes Land mit einem Referendum.

Das irische Ja für die Homo-Ehe stärkt auch in Deutschland die Befürworter einer Reform. Pläne der schwarz-roten Regierung, homosexuellen Paaren mit kleineren Änderungen im Zivil- und Verfahrensrecht das Leben zu erleichtern, seien "unzureichend", sagte die Antidiskriminierungs-Beauftragte Christine Lüders gestern. "Es gibt keinen sachlichen Grund, gleichgeschlechtlichen Paaren die vollständige Öffnung der Ehe zu verwehren." Sie forderte eine fraktionsübergreifende Bundestagsinitiative. Das Recht auf Heirat für Lesben und Schwule sei ein "Menschenrecht - das gehört nicht in die Parteipolitik".

"Man sollte denken, was die katholischen Iren können, können wir auch", sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn der "Welt". "Die Bevölkerung ist in diesen Fragen oft weiter als wir denken." Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ) beklagt indes, das volle Eherecht für Homo-Paare sei in der Koalition mit CDU/CSU "schwer realisierbar".

Dabei war Deutschland mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 einst Vorreiter der Gleichstellung gewesen. Inzwischen "hat uns sogar Irland überholt", kritisierte die Grünen-Fraktions-Chefin Katrin Göring-Eckardt in der "Welt". Union und SPD hatten sich bei ihren Koalitionsverhandlungen 2013 auf die Vereinheitlichungen geeinigt und in der Folge einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Das Justizministerium will darin die rechtliche Gleichstellung von Lebensgemeinschaften schwuler und lesbischer Paare mit der Ehe nun oft im gesetzlichen Wortlaut fördern - und 23 von 150 Regelungen in Gesetzen und Verordnungen ändern, die zwischen Ehe und Lebenspartnerschaften unterscheiden.

Meinung:

Ein Vorbild für Deutschland

Von SZ-KorrespondentinKatrin Pribyl

Familie definiert sich nicht mehr über die reine Lebensgemeinschaft von Frau und Mann. Die meisten Menschen haben das längst akzeptiert, und viele Länder haben ihre Gesetze diesbezüglich angepasst. Deutschland schaut dabei zu wie ein Zaungast, klopft sich auf die Schulter für die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft und blamiert sich in einem innerstaatlichen Kulturkampf, der vor Piefigkeit trieft. Nun wird die Homo-Ehe auch in Irland eingeführt - einem Land, das zu nennen fast unmöglich ist ohne das Attribut erzkatholisch. Umso mehr haben die Entscheidung und deren Findung Vorbildcharakter. So etwas würde auch Deutschland gut tun. Die Gesellschaft denkt oft fortschrittlicher und toleranter, als viele Entscheidungsträger das glauben wollen. In der Bundesrepublik bestimmt jedoch eine kleine Zahl konservativer Politiker, lautstark unterstützt von den Kirchen, welches Geschlecht Liebespaare mit Trauschein haben müssen. Das verstehen viele Menschen zurecht als Anmaßung. Denn Politiker oder die Justiz haben mit ihrer Ungleichbehandlung von Homosexuellen dieses Recht verspielt.

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