Mitte-Studie Zustimmung zu Rechtspopulismus wächst

Berlin · Eine Studie zeigt, dass sich Ausgrenzung und Politikverdrossenheit verfestigen. Auch Verschwörungstheorien legen in Deutschland zu.

 Der krasse Rechtsextremismus bleibt in Deutschland ein Randphänomen, sagt die Studie. Rechtspopulistische Gedanken nehmen aber zu.

Der krasse Rechtsextremismus bleibt in Deutschland ein Randphänomen, sagt die Studie. Rechtspopulistische Gedanken nehmen aber zu.

Foto: dpa/Christian Charisius

Den Satz „Es gibt wertvolles und unwertes Leben“ werden die allermeisten Menschen ablehnen. Zehn Prozent aber taten dies in der jüngsten „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung nicht. Und elf Prozent stimmten auch der Aussage zu: „Die Weißen sind zurecht führend in der Welt“. Die alle zwei Jahre von der Universität Bielefeld durchgeführte Befragung unter 1890 Bundesbürgern ergab wieder erschreckende Befunde. Aber auch einige ermutigende. Hier die wichtigsten Ergebnisse:

Der krasse Rechtsextremismus bleibt ein Randphänomen. Nur durchschnittlich 2,4 Prozent der Befragten bejahten eindeutig Fragen, die in diese Richtung gingen. Etwa, dass Deutschland wieder einen Führer brauche. Dieses Niveau hat sich seit längerem kaum verändert, auch unterscheiden sich Ost- und Westbürger hier nicht großartig. Diktatur- und Naziverherrlichung sind gründlich out. Bei einzelnen Fragen gab es aber zum Teil auch weit höhere Zustimmungsraten. So fanden 7,6 Prozent der Bürger, die Deutschen seien anderen Völkern „von Natur aus überlegen“. Während bei allen anderen Parteien nur rund ein Prozent der Anhänger rechtsextreme Einstellungen teilte, waren es bei der AfD fünf Prozent. Überraschender Befund: Rechtsextreme Einstellungen sind unter Gewerkschaftsmitgliedern verbreiteter als unter Nicht-Mitgliedern.

Der Rechtspopulismus findet viele Ansatzpunkte. Dazu gehört vor allem die Haltung zu Minderheiten. So hat die Ablehnung von Asylbewerbern trotz sinkender Flüchtlingszahlen nochmal zugenommen. 54 Prozent stimmten negativen Aussagen über sie zu. Vor zwei Jahren, kurz nach der großen Fluchtbewegung, waren es nur 49 Prozent. Gegen Sinti und Roma hatten in der jüngsten Befragung 26 Prozent der Befragten grundsätzlich etwas, 19 Prozent lehnten Muslime ab (im Osten 26 Prozent). Auf der anderen Seite wächst ein neues, rechtes und nationales Bewusstsein. So stimmten 52 Prozent der Aussage zu, jedes Volk besitze eine „unveränderliche Identität“. Sexismus, Vorurteile gegen Obdachlose und gegen Behinderte haben hingegen abgenommen. Insgesamt rechnen die Autoren der Studie 21 Prozent der Bevölkerung dem Rechtspopulismus zu. Auch diese Quote ist seit 2014 unverändert. Allerdings: Im Osten sind es 30 Prozent. Und unter den AfD-Anhängern sogar 75 Prozent.

In der Mitte der Gesellschaft bröckelt der Rückhalt der Demokratie. Das ist der vielleicht besorgniserregendste Befund. Dabei geht es noch nicht um eine klare Ablehnung dieser Staatsform, die 86 Prozent für unerlässlich halten. Aber die Zweifel an ihr wachsen. Teilweise sind die Antworten auch widersprüchlich. So fanden 90 Prozent, dass Streit in der Sache zur Demokratie gehöre und gut sei. Gleichzeitig sagten aber 43 Prozent, die Parteien zerredeten nur alles und lösten die Probleme nicht. Und fast ein Drittel der Befragten meinte, die Demokratie führe nur zu faulen Kompromissen.

Außerdem haben Verschwörungstheorien stark zugenommen. Fast die Hälfte der Bürger glaubte laut den Daten, dass geheime Organisationen Einfluss auf politische Entscheidungen hätten. Ein Drittel sah Politiker nur als Marionetten geheimer Mächte und jeder Vierte fand, Politik und Medien steckten unter einer Decke. Besonders problematisch: Je höher die Zustimmung zu solchen Thesen war, desto stärker war auch die Bereitschaft der Befragten, politische Probleme gegebenenfalls mit Gewalt zu lösen.

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