Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes Postdocs: Bessere Zukunft für wissenschaftliche Mitarbeiter

Berlin · Mit einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes will Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) die häufig problematischen Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter an Universitäten verbessern. Doch der Vorschlag ist umstritten und musste nachgebessert werden. Welche Punkte nun der überarbeitete, neue Entwurf enthält.

 Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger meldet sich zurück aus der „Montagehalle“. Dorthin wurde der erste Entwurf zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) beordert, nachdem er auf massive Kritik von Verbänden, Gewerkschaften und Vertretern der Wissenschaft gestoßen war. Am Dienstag die FDP-Politikerin nun den überarbeiteten Gesetzentwurf vor. Mit einem neu entwickelten Modell will sie vor allem für die Wissenschaftler in der Postdoc-Phase – der Zeit nach der Promotion zum Doktor hin zur Habilitation zum Professor – mehr Sicherheit schaffen.

Mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz im Wissenschaftsbetrieb – so lautet das Ziel. Das heißt: „Wissenschaftler müssen frühzeitiger wissen, ob sie eine dauerhafte Perspektive in der Wissenschaft haben“, sagte Stark-Watzinger. Darüber hinaus gehe es auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie um faire Arbeitsbedingungen. Vor diesem Hintergrund sei die Höchstbefristungsgrenze der Postdoc-Phase besonders umstritten. „Für uns ist klar: Die Postdoc-Phase muss und kann besser geregelt werden“, sagte die FDP-Politikerin. Deshalb umfasst der überarbeitete Gesetzesentwurf einen neuen Ansatz, wonach die individuelle wissenschaftliche Qualifizierung stärker im Mittelpunkt stehen soll.

Seit 2007 regelt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Frage von Befristungen von Arbeitsverträgen für wissenschaftliches und künstlerisches Personal an staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Nun sollen Mindestvertragslaufzeiten für Erstverträge eingeführt werden. Diese liegen in der Zeit bis zur Promotion bei drei Jahren.

Darüber hinaus soll in dieser Postdoc-Phase ein „4+2-Modell“ eingeführt werden. Dabei werde die Höchstbefristungsdauer in der Qualifizierungsphase nach der Promotion von sechs auf vier Jahre reduziert. Eine darauffolgende Befristung von bis zu zwei Jahren sei nur mit einer verbindlichen Zusage, dass anschließend ein unbefristeter Vertrag abgeschlossen werde, möglich. Voraussetzung hierbei: Die vorab vereinbarten und in einem transparenten Verfahren evaluierten Leistungen wurden erreicht. Durch die abgesicherte Aussicht auf eine unbefristete Anstellung soll mehr Planbarkeit und Verbindlichkeit für die Beschäftigten erreicht werden. Gleichzeitig betonte Stark-Watzinger jedoch, dass die Gesetzesreform an sich keine neuen Dauerstellen schaffe und auch keine moderne Führungskultur in Hochschulen ersetze.

Auch studentische Beschäftigte sollen von der Reform profitieren. Für sie sollen Mindestvertragslaufzeiten von einem Jahr festgelegt werden. Zudem soll die Höchstlaufzeit von sechs auf acht Jahre verlängert werden. So soll sichergestellt werden, dass sie ihre Arbeit auch in der finalen Phase ihres Studiums noch fortsetzen können.

Die Bildungsgewerkschaft GEW hat scharfe Kritik an den überarbeiteten Plänen geäußert: „Wir bewerten das als Einknicken des Bundesministeriums für Forschung und Bildung vor den Arbeitgebern. Bei der Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes soll der Entwurf nur in einem Punkt gegenüber den im März vorgestellten Eckpunkten geändert werden, und zwar ausgerechnet zugunsten der Forderung der Arbeitgeber bei der Auseinandersetzung im Postdoc-Bereich“, sagte GEW-Vizechef Andreas Keller. Die Postdoc-Phase müsse auf drei Jahre verkürzt werden. Dass Stark-Watzinger die Phase statt dessen verlängern wolle, sei „sehr enttäuschend“ und werde wahrscheinlich eine erneute Empörungswelle bei jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hervorrufen, so Keller.

Die Koalitionspartner SPD und Grüne hätten sich gegen einen Gesetzesbeschluss zum jetzigen Zeitpunkt entschieden, gestand Stark-Watzinger ein. Deshalb sollten die letzten Details im parlamentarischen Verfahren geklärt werden, sagte die Ministerin. Stimmt das Parlament dem Entwurf des Bildungsministeriums zu, könnte es laut Stark-Watzinger im Frühjahr 2024 in Kraft treten.

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