Wichtige Kabinettsbeschlüsse zu Fachkräften und Weiterbildung Fachkräfteeinwanderung: Kommunen verweisen auf inländisches Arbeitskräftepotenzial

Vor dem Kabinettsbeschluss für das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben die Kommunen Bund und Länder aufgefordert, gleichzeitig auch das inländische Arbeitskräftepotenzial stärker zu aktivieren und schnellere, digitalisierte Visa-Verfahren für Bewerber aus Drittstaaten zu organisieren.

„Wichtig ist vor allem, die Verfahren für ausländische Fachkräfte zu beschleunigen und zu digitalisieren“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, unserer Redaktion. „Wenn ein Informatiker aus Pakistan oder Indien Monate warten muss, bis er einen Termin im Konsulat wegen des Visums bekommt, wird er im Zweifel ein anderes Zielland wählen“, sagte Landsberg.

„Alle Industriestaaten konkurrieren um die Gewinnung von Fachkräften. Dabei sollte man sich keiner Illusion hingeben, dass wir mit der Zuwanderung das Fachkräftedefizit auffangen können“, sagte Landsberg. „Es ist nur ein Baustein im Rahmen einer Gesamtstrategie, zu der auch gehören muss, das inländische Potenzial verstärkt zu aktivieren. Das bedeutet, Maßnahmen zur Reduzierung der Zahl der Schulabbrecher, eine bessere und flächendeckende Kinderbetreuung, damit auch Eltern mit Kindern Vollzeit arbeiten können und natürlich auch die Eingliederung, etwa von aus der Ukraine Vertriebenen, in den deutschen Arbeitsmarkt“, sagte Landsberg.

Das Kabinett soll an diesem Mittwoch das seit Monaten von Innenministerin Nancy Faser und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) vorbereitete Gesetz zur erleichterten Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten billigen. Der Arbeitsmarkt soll damit so weit wie noch nie für Arbeitskräfte aus Staaten außerhalb der EU geöffnet werden. Dabei geht es nicht nur um anerkannte Fachkräfte. Vorgesehen ist auch eine „Chancenkarte zur Arbeitssuche“, die auf einem neuen Punktesystem und nicht allein auf Qualifizierung beruht. Zu den Auswahlkriterien für das Punktesystem sollen Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug gehören. Faeser und Heil hatten sich in Kanada, das schon seit vielen Jahren auf Basis eines Punktesystems Arbeitsvisa vergibt, über die Erfahrungen mit der Integration von Einwanderern informiert. Neue Zuwanderungsmöglichkeiten soll es auch für ungelernte Arbeitskräfte geben, wenn dafür in bestimmten Branchen ein Bedarf gesehen wird.

In einzelnen Punkten strittig ist weiterhin der Entwurf für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Die FDP ist zwar generell für erleichterte Einbürgerungen, hat aber gegen einzelne Punkte des Vorhabens Einwände geltend gemacht. Für Faeser sowie für die Grünen gehören beide Vorhaben jedoch zusammen.

In einer ergänzenden Verordnung wird zudem die sogenannte Westbalkanregelung entfristet, auf deren Grundlage Arbeitgeber in Deutschland jährlich 25.000 Arbeitskräfte aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, der Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien anwerben können. Das jährliche Kontingent wird auf 50.000 erhöht. Es soll zudem ein Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische Pflegehilfskräfte mit einer Ausbildung unterhalb des Fachkräfteniveaus geschaffen werden.

Das Kabinett soll auch Heils Weiterbildungsgesetz billigen. Es enthält eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen. Ein Qualifizierungsgeld soll es Unternehmen zudem erleichtern, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zielgerichtet weiterzubilden. Im Rahmen der Ausbildungsgarantie sollen unter anderem ein gefördertes Berufsorientierungspraktikum und ein Mobilitätszuschuss eingeführt werden.

Vorerst nicht umgesetzt werden soll hingegen die von Heil angekündigte bezahlte Bildungszeit für Beschäftigte nach österreichischem Vorbild. Beschäftigte sollten sich künftig ein Jahr bezahlt weiterbilden können. Nun soll die Einführung einer Bildungszeit zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, wie es hieß. Kritik an den Plänen war aus der Wirtschaft gekommen. Aus haushaltspolitischen Gründen hatte zudem Finanzminister Christian Lindner (FDP) Vorbehalte angemeldet.

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