Betreuungsgeld für Kinder ist wieder futsch

Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene Betreuungsgeld gekippt und die gesetzlichen Bestimmun- gen für verfassungswidrig erklärt. Die Richter urteilten, der Bund habe nicht die Befugnis, eine solche Leistung einzuführen.

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Die CSU hat wahrlich keinen Lauf. Erst musste Verkehrsminister Alexander Dobrindt die Einführung der Pkw-Maut wegen des Widerstands der EU-Kommission verschieben. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld gekippt - beide Vorhaben sind CSU-Prestigeprojekte. Die Partei muss nun in Berlin um ihren Rest-Einfluss bangen, auch wenn sich die Christsozialen trotzig geben.

Auf die Frage, wie es denn um die Durchschlagskraft der CSU bestellt sei, antwortete der Vorsitzende Horst Seehofer gestern bockig: "Bestens." Wer's glaubt. In Wahrheit ist dem schon lange nicht mehr so, die Partei steht auf dem Berliner Abstellgleis. Seehofers drei Minister in Angela Merkels Kabinett sitzen inzwischen bei wichtigen Themen praktisch am Katzentisch und werden meist erst nachträglich um ihre Meinung gefragt. Seehofer scheint auch immer häufiger die Richtung von München aus vorzugeben- allerdings wechselnde. Das schmälert den Einfluss der Landesgruppe im Bundestag und das Selbstvertrauen der Abgeordneten. Und jetzt auch noch das Debakel um das Betreuungsgeld . "Es wird in Bayern auf jeden Fall auch in der Zukunft ein Betreuungsgeld geben", betonte der CSU-Chef gestern. "Der Bund muss die notwendigen Mittel dem Land und auch den anderen Ländern zur Verfügung stellen", forderte er. Streit in der Koalition ist programmiert. Immerhin sind für 2015 im Bundeshaushalt rund 900 Millionen Euro für das Betreuungsgeld eingeplant. Im Etat-Entwurf für 2016 und die Jahre bis 2019 sind sogar jeweils eine Milliarde Euro veranschlagt. So viel Geld weckt Begehrlichkeiten, wenn es frei zu werden scheint. Die SPD will das Geld jetzt lieber in den Kita-Ausbau stecken. "Das Geld darf nicht im Haushalt des Bundesfinanzministeriums versickern", meinte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD ). Sie kündigte zugleich an, nach einer Zwischenlösung zu suchen, damit Familien, die das Betreuungsgeld bereits beziehen, es bis zum Ende bekommen können. Derzeit erhalten etwa 460 000 Eltern die Leistung von 150 Euro monatlich.

Nur Spott hatte die Linke für die CSU über: Mit der Karlsruher Entscheidung sei "eine weitere Luftnummer aus dem Skurrilitäten-Kabinett der CSU aus dem Verkehr gezogen worden", stichelte Parteichef Bernd Riexinger . "Der Ofen ist aus für die Herdprämie." Indirekt ist die Schlappe der CSU allerdings auch eine der CDU . Denn die Schwesterpartei hatte das Betreuungsgeld mit durchgewinkt - wenn auch widerwillig. Bei der CDU weiß man, dass man eine angeschlagene CSU nicht noch zusätzlich reizen sollte. Deshalb kamen aus der Merkel-Partei gestern eher vorsichtige, versöhnliche Töne. Parteivize Julia Klöckner mahnte: "Das Geld muss bei den Familien bleiben." Man bedauere die Entscheidung, hieß es in der Unionsfraktion. Man werde nun die Urteilsbegründung sorgfältig prüfen und dann mit dem Koalitionspartner überlegen, wie man "Eltern weiterhin optimal unterstützen und ihnen echte Wahlfreiheit ermöglichen kann", so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt kritisierte derweil scharf das Verhalten der SPD . Hasselfeldt sagte unserer Zeitung, nun zu erklären, es sei "ein guter Tag für Familien, weil das Verfassungsgericht das Betreuungsgeld auf Bundesebene gekippt habt, wie die SPD es tut, halte ich allerdings für zynisch und lässt tief blicken". Zugleich warnte Hasselfeldt die schwarz-rote Koalition: "Wir sollten jetzt nicht die ideologischen Gräben wieder aufreißen."

Das Interview lesen Sie unter www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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HintergrundAnders als Bayern wollen mehrere rot-grüne Landesregierungen das Betreuungsgeld nicht fortführen. NRW, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen etwa lehnen dies ab. Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin, Thüringen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern forderten, "das nun freiwerdende Geld für die Verbesserung der Qualität in den Kitas zur Verfügung zu stellen". dpa

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