Berlusconis achtes Weltwunder

Rom. Zwei Jahre lang hat Silvio Berlusconi zusehen müssen, wie sein Lieblingsprojekt - die längste Hängebrücke der Welt - in Vergessenheit geriet

 Die Computersimulation zeigt die Messina-Brücke, die vom italienischen Festland nach Sizilien führen soll.Foto: dpa

Die Computersimulation zeigt die Messina-Brücke, die vom italienischen Festland nach Sizilien führen soll.Foto: dpa

Rom. Zwei Jahre lang hat Silvio Berlusconi zusehen müssen, wie sein Lieblingsprojekt - die längste Hängebrücke der Welt - in Vergessenheit geriet. Kaum ist er als Regierungschef an die Macht in Italien zurückgekehrt, hat der Milliarden-Plan, eine Brücke über die Meerenge von Kalabrien nach Sizilien zu bauen, wieder Vorrang: In zwei Jahren soll der erste Stein für die "Ponte sulle Stretto", von Befürwortern auch "das achte Weltwunder" genannt, in Süditalien gesetzt werden. 2016 müsste fertig sein, was die Golden-Gate-Bridge in den Schatten stellt und höher ist als der Eiffelturm: Fast vier Kilometer lang soll die Brücke sein, rund sechs Milliarden Euro teuer, für 6000 Fahrzeuge stündlich sowie 200 Züge am Tag. Geträumt von einer Brücke nach Sizilien hatten schon die alten Römer, und auch Benito Mussolini wollte die Sache angehen.

Größenwahn oder Gewinn?

Mehrere italienische Nachkriegsregierungen scheiterten an diesem Projekt, das Gegner für eine ungeheure Geldverschwendung halten: Sizilien verliere seinen Charakter. Doch der Infrastruktur-Minister Altero Matteoli argumentiert: "Es ist ein Versprechen aus dem Wahlkampf. Die Brücke bringt ganz Italien etwas, vor allem aber Kalabrien und Sizilien."

Im "stop and go" geht es seit sechs Jahren um das Wunderwerk, das Erdbeben von der Stärke 7,1 standhalten und mit 3300 Metern auch die japanische Akashi-Kaikyo-Brücke noch um einiges übertrifft, die mit 1991 Metern die bisher längste Hängekonstruktion ist. 2002 machte Berlusconi schon einmal Dampf. Der erste Spatenstich wurde für 2006 angekündigt. Der Mega-Bau übers Wasser sollte 40000 Jobs schaffen und privat finanziert werden. Doch dann wurde Berlusconi abgewählt. Sein Nachfolger Romano Prodi legte auf Eis, was Kritiker "Berlusconi-Denkmal" nannten. Aber die Sizilien-Brücke ist wie das Ungeheuer von Loch Ness, das immer mal wieder gesichtet wird. Eine saudi-arabische Gruppe will in italienische Infrastrukturprojekte investieren, auch in die Messina-Brücke. "Wie auch immer es jetzt kommt, die sizilianische Mafia steht schon bereit und die kalabrische 'Ndrangheta auch", schrieb die römische Tageszeitung "La Repubblica". Denn es gibt viel Arbeit, wie sie in Süditalien vor allem vom organisierten Verbrechen "koordiniert" wird - erst in den Steinbrüchen, dann die Transporte oder das Mischen von Beton. Doch Minister Matteoli blickt nach vorn: "Unsere Techniker haben überall in der Welt gebaut. Jetzt sollen sie mal Großes in Italien bauen." Da wird die Mautgebühr später wohl ziemlich deftig ausfallen.

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