Berlin zeigt sich immer öfter von der hässlichen Seite

Berlin. "Berlin, Du bis' so wunderbar, Berlin." So dudelt es ab und an aus dem Radio, wenn ein Bier-Brauer für sein Produkt wirbt. Berlin ist in der Tat wunderbar - keine andere Stadt in Europa ist so unfertig und dynamisch

Berlin. "Berlin, Du bis' so wunderbar, Berlin." So dudelt es ab und an aus dem Radio, wenn ein Bier-Brauer für sein Produkt wirbt. Berlin ist in der Tat wunderbar - keine andere Stadt in Europa ist so unfertig und dynamisch. Doch das ist nur die eine Seite der Hauptstadt: Ausgerechnet im Wahlkampf zeigt Berlin immer häufiger sein hässliches Gesicht - von Auto-Anzündern über Touristen-Hasser bis genervten Kinderwagen-Gegnern.Inzwischen hat sich auch die Kanzlerin eingeschaltet: Sie schaue "mit großer Sorge" auf mutwillig in Brand gesteckte Autos in Berlin, ließ Merkel gestern wissen. "Was ist das für ein Verhalten?", fragte sie entsetzt. Solche Brandanschläge sind zwar nichts Neues, seit Jahren schon werden Fahrzeuge in der Hauptstadt abgefackelt, und die Polizei ist machtlos. Neu ist das Ausmaß: In den letzten zwei Tagen kamen rund 30 dazu. Und neu ist auch, dass es nicht allein die Nobelmarken sind, die angesteckt werden, sondern jetzt auch Fahrzeuge, die erkennbar Normalverbrauchern gehören. Betroffen sind zudem nicht mehr nur die Szene-Bezirke Kreuzberg und Friedrichshain, wo den Linken bisher zugeschrieben worden ist, mit dem Feuerzeug gegen die reichen Zuzügler zu kämpfen, die mit ihren Lofts und altbausanierten Wohnungen die Mieten ansteigen lassen. Nun brennt es auch lichterloh in den gutbürgerlichen West-Bezirken wie Charlottenburg oder Wilmersdorf. Das macht die Berliner nervös, und die Bürgermeister-Spitzenkandidaten für die Wahlen Mitte September - Amtsinhaber Klaus Wowereit (SPD), Renate Künast (Grüne) und Frank Henkel (CDU) - zeigen sich ratlos und hilflos. Das Klima in der Stadt hat sich verschärft, der Ton ist deutlich rauer geworden. Man merkt es in Kreuzberg, wo Aufkleber gegen Touristen an die Wände und Laternen geklebt werden. Den Besuchern wird vorgeworfen, sie würden den sozial abgehängten Stadtteil in eine Touri-Oase verwandeln - billiges Bier, billiges Essen, immer mehr billige Hotelbetten. Zum Schutz des alternativen Milieus heißt es: Kreuzberg den Kreuzbergern! Wer immer das ist. has

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