Keramik aus Kot

Gragnano Trebbiense · Fäkalien – igitt! Wer so denkt, hat Gianantonio Locatelli noch nicht kennengelernt. Der Landwirt macht aus Kuhfladen Geschirr.

Dass Bauern Kuhdung nutzen, um ihre Felder zu düngen, ist nichts Neues. Ein italienischer Landwirt hat noch eine ganz andere Möglichkeit gefunden, die Kuhfladen zu verwenden: Er produziert daraus Teller und Schüsseln, aus denen man tatsächlich essen kann, ohne die Nase zu rümpfen.

"Die Idee entstand, weil wir den Dung umweltverträglich verwerten mussten. Und es ist uns gelungen, etwas Nützliches daraus zu machen", erzählt der Bauer Gianantonio Locatelli. Dem 61-Jährigen gehören mehrere Bauernhöfe südlich von Mailand.

Seine 3500 Kühe liefern 55 Tonnen Milch am Tag und 150 Tonnen Exkremente. Die Milch wird zu Grana-Padano-Hartkäse verarbeitet, die Gülle landet in riesigen Faulbehältern. Mithilfe von Bakterien entsteht in diesen Biogasanlagen Methan, aus dem in einem Blockheizkraftwerk Strom erzeugt wird - genug, um ein kleines Dorf damit zu versorgen. Das im Kraftwerk verwendete Kühlwasser benutzt der Landwirt, um den Hof und die Ställe zu heizen.

Was in der Biogasanlage von den Exkrementen übrig bleibt, wird als Dünger verkauft oder zu Merdacotta (das italienische Wort "merda" bedeutet zu Deutsch "Kot") verarbeitet - ein Wortspiel mit der klassischen Terracotta-Keramik. Für Merdacotta werden die Fäkalien mit toskanischem Lehm vermischt.

Das genaue Rezept und die weiteren Zutaten bleiben Locatellis Geheimnis. "Das ist ein revolutionäres Produkt, eine Mischung zwischen Kunststoff und Terracotta", preist der Landwirt seine Erfindung. Neben Geschirr lässt er auch Kacheln, Ziegeln und Pflanzgefäße aus der Masse herstellen.

Zu sehen sind die Kuhdung-Produkte im von Locatelli selbst gegründeten "Museo della merda" ("Museum für Scheiße") in Castelbosco. Als Logo der Ausstellung dient der Mistkäfer, der Fäkalien zu Kugeln formt und diese sowohl als Nahrung als auch als Brutstätte nutzt.

Neben Merdacotta können die Besucher in dem Museum auch Kunstwerke aus Exkrementen bewundern sowie einen Ausschnitt aus Luis Buñuels Film "Das Gespenst der Freiheit", in dem sich eine Gesellschaft zum gemeinsamen Klogang trifft. "Exkremente gelten als vulgär und ekelerregend, als unwürdige Angelegenheit", sagt der Bauer und Kunstliebhaber Locatelli. Sein Anliegen sei es, das S-Wort zu rehabilitieren und zum Nachdenken darüber anzuregen. Er wolle daraus "etwas Anmutiges" machen.

Ein Erfolg auf dem Weg dahin dürfte der Preis sein, den die Merdacotta-Linie vergangenes Jahr auf der Mailänder Design-Messe gewonnen hat.

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