Syrien USA drohen mit Raketen auf Syrien

Washington/Moskau · Mit einer martialischen Ankündigung schürt US-Präsident Trump weltweit Angst vor einer offenen Konfrontation mit Moskau.

 Vor einem Jahr ließ der US-Präsident eine Tomahawk-Rakete auf eine syrische Luftwaffenbasis abfeuern. Jetzt will er erneut Härte zeigen.

Vor einem Jahr ließ der US-Präsident eine Tomahawk-Rakete auf eine syrische Luftwaffenbasis abfeuern. Jetzt will er erneut Härte zeigen.

Foto: dpa/Ford Williams

() Eine Provokation in 224 Zeichen: Um 6.57 Uhr Ortszeit kündigt Donald Trump auf Twitter einen Raketenangriff in Syrien an, er warnt die russische Regierung, es gehe um einen Vergeltungsschlag für den mutmaßlichen Giftgasangriff im syrischen Duma. „Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach’ dich bereit, Russland, denn sie werden kommen (...)“, schreibt er. Schön seien die Raketen, neu und intelligent.

Die Worte lösen schlimmste Befürchtungen über eine Eskalation im Syrien-Konflikt aus. Die russische Seite hatte zuvor gewarnt, man werde US-Raketen abschießen. Und Trump stellte fest: Das Verhältnis zu Russland sei noch nicht einmal zur Zeit des Kalten Krieges so schlecht gewesen.

Aber was will er erreichen? Sucht er gezielt die Konfrontation mit Moskau? Macht er Druck, damit der Kreml seinen Verbündeten Baschar al-Assad fallen lässt? Oder doch nur Säbelrasseln?

Es ist fraglich, ob Trumps Tweets Teil einer größeren Strategie sind. Schon oft waren seine Nachrichten impulsiv, schon oft gingen sie auf Berichte seines Hofsenders Fox News zurück. Eine Syrien-Strategie ist nicht erkennbar. Ob Washington einen Regierungswechsel in Damaskus will, dazu gab es 2017 widersprüchliche Aussagen. Erst vor wenigen Tagen hatte Trump überraschend einen Rückzug der US-Soldaten aus dem Bürgerkriegsland angekündigt. Dann wiederum erklärte er, der Einsatz werde weitergehen, bis der IS vollständig besiegt sei. Zudem wurde bekannt, dass das Weiße Haus das Außenministerium angewiesen hat, mehr als 200 Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau Syriens einzufrieren.

Als Trump vor einem Jahr die syrische Luftwaffenbasis Al-Schairat mit Marschflugkörpern vom Typ „Tomahawk“ beschießen ließ, reagierte Moskau zwar mit scharfen Worten, eine Eskalation blieb jedoch aus. Aber seither hat sich das Verhältnis erheblich verschlechtert.

Viele Experten sind sich sicher, es sei nutzlos, Putin zu drohen. Denn an Waffen vor Ort mangelt es ihm nicht: von Marschflugkörpern des Typs Kalibr bis zu Panzerabwehr- und Luftbodenraketen. Auch der Einsatz der neuen Hyperschallraketen des Typs Kinschal (Dolch) ist nicht ausgeschlossen. Russischen Angaben zufolge fliegt die Kinschal mit bis zu zehnfacher Schallgeschwindigkeit und ist deshalb kaum abzufangen.

Der Nahost-Experte Semjon Bagdassarow rechnet damit, dass eine direkte militärische Konfrontation unvermeidlich werden könnte. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass es zu einem Angriff kommt“, sagt Bagdassarow. „Je nachdem, was getroffen wird, so wird auch die Reaktion Russlands ausfallen.“ Von russischer Seite wird jedenfalls offen ein Gegenschlag angedroht. Trumps Haltung zu Russland ist von vielen Widersprüchen geprägt. Seine Regierung verhängte in den vergangenen Wochen neue Sanktionen gegen Moskau und verwies als Reaktion auf das Attentat auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal 60 russische Diplomaten des Landes. Aber Trump verlor bei alldem kein Wort der Kritik über Putin. Das änderte sich erst nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff im syrischen Duma am Samstag. Trump gab Putin eine Mitschuld daran. Er sagte, der russische Präsident werde einen hohen Preis dafür zahlen.

Schon oft wirkte Trumps Handeln völlig willkürlich. Aber die vergangenen Wochen waren besonders heftig. Trump feuerte seinen Außenminister Rex Tillerson, zettelte einen Handelskonflikt mit China an, schickte die Nationalgarde an die Grenze zu Mexiko.

Der US-Präsident scheint kaum noch auf seine Berater zu hören. Seine Vertraute Hope Hicks hat die Regierungszentrale verlassen, Stabschef John Kelly soll massiv an Einfluss verloren haben.

Trump hat immer wieder gesagt, er wolle sich bei militärischen Überlegungen nicht in die Karten schauen lassen und seine Schritte nicht ankündigen. Gestern tat er genau das Gegenteil.

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