Nordkoreas neuer Diktator festigt seine Macht

Seoul/Pjöngjang. Nach dem Tod des nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong Il bemüht sich die Führungsriege in Pjöngjang nach südkoreanischen Geheimdienstinformationen um eine tragfähige Machtbasis für dessen Sohn und designierten Nachfolger. Ranghohe Offiziere hätten dem jungen und politisch noch nicht profilierten Kim Jong Un ihre Gefolgschaft versichert, verlautete gestern in Seoul

Seoul/Pjöngjang. Nach dem Tod des nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong Il bemüht sich die Führungsriege in Pjöngjang nach südkoreanischen Geheimdienstinformationen um eine tragfähige Machtbasis für dessen Sohn und designierten Nachfolger. Ranghohe Offiziere hätten dem jungen und politisch noch nicht profilierten Kim Jong Un ihre Gefolgschaft versichert, verlautete gestern in Seoul. Der südkoreanische Geheimdienst NIS vermute, dass sich der Norden derzeit auf die Festigung der Macht von Kim Jong Un konzentriere, sagte ein Abgeordneter. In den großen Städten seien die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden. Auch die Truppen seien in Alarmbereitschaft versetzt worden, hieß es aus südkoreanischen Militärkreisen.Noch vor der Verbreitung der offiziellen Todesnachricht habe Kim Jong Un seinen ersten Befehl an die mächtigen Streitkräfte des atomar gerüsteten Landes erteilt, berichteten südkoreanische Medien. Demnach ordnete der noch vom Vater zum Vier-Sterne-General ernannte Kim Jong Un an, dass alle militärischen Einheiten die laufenden Wintermanöver verlassen und in die Stützpunkte zurückkehren sollten. In den Medien wird auch spekuliert, dass Kim Jong Uns Tante Kim Kyong Hui, die jüngere Schwester des Verstorbenen, und ihr Mann Jang Song Thaek innerhalb der Partei an Einfluss gewinnen.

Der Befehl Kim Jong Uns sei ein Beispiel dafür, dass er die Kontrolle über die Volksarmee ausübe, zitierte die Nachrichtenagentur Yonhap einen Informanten in Seoul. Bisher sei der Geheimdienst davon ausgegangen, dass der keine 30 Jahre alte Kim noch nicht die volle Kontrolle über das Militär habe. Kim Jong Il war auch Oberbefehlshaber der 1,2 Millionen Mann starken Armee.

Alle Einheiten wurden auf Anweisung Kim Jong Uns aufgerufen, den Tod von Kim zu betrauern, berichtete der südkoreanische Rundfunksender KBS. Die nordkoreanischen Staatsmedien verwendeten zudem erstmals die Bezeichnung "angesehener Kim Jong Un". Mit dieser Bezeichnung werde die Legitimität der Machtnachfolge betont.

Bei der organisierten Massentrauer in Pjöngjang pilgerten weiter Millionen von Nordkoreanern zu Plätzen, auf denen Traueraltäre und Porträts mit dem Samstag gestorbenen Kim Jong Il aufgestellt worden waren. Das Staatsbegräbnis für Kim soll am 28. Dezember sein. Südkorea will keine eigene Beileidsdelegation entsenden. Die Regierung erlaubte ihren Bürgern aber, private Beileidsbekundungen an das abgeschottete Nachbarland zu schicken. Nach südkoreanischem Gesetz müssen alle Kontakte mit dem Nachbarstaat genehmigt werden. Seit ihrem Bruderkrieg von 1950 bis 1953 befinden sich beide Staaten völkerrechtlich weiter im Kriegszustand.

Südkoreanische Aktivisten schickten inmitten der elftägigen Staatstrauer Ballons mit Flugblättern nach Nordkorea. In den Flugblättern wird unter anderem Kritik an einer Vererbung der Macht vom Vater auf dessen Sohn geübt. Pjöngjang hat angedroht, bei derartigen Aktionen Südkorea unter Beschuss zu nehmen. dpa/dapd

Foto: afp/KCNA via KNS

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