Auf Schavan lastet eine schwere Hypothek

Berlin. Das deutsche Bildungssystem steht vor Herausforderungen wie lange nicht - und damit auch die zuständige Bundesministerin Annette Schavan (CDU). Viele Bundesländer können oder wollen den weiteren Ansturm von Studienanfängern nicht mehr bezahlen - und fordern vom Bund einen Nachschlag beim Hochschulpakt von 1,9 bis 3,4 Milliarden Euro

Berlin. Das deutsche Bildungssystem steht vor Herausforderungen wie lange nicht - und damit auch die zuständige Bundesministerin Annette Schavan (CDU). Viele Bundesländer können oder wollen den weiteren Ansturm von Studienanfängern nicht mehr bezahlen - und fordern vom Bund einen Nachschlag beim Hochschulpakt von 1,9 bis 3,4 Milliarden Euro. Doch auch der Bund muss strikt sparen, wenn er die Schuldengrenze einhalten will. Gefordert ist da eine Ministerin, die das komplizierte Bund-Länder-Gefüge zusammenhält.Doch seit der Entscheidung des Philosophischen Fakultätsrates der Uni Düsseldorf, gegen Schavan ein Verfahren zur Aberkennung ihres Doktortitels einzuleiten, gilt die CDU-Ministerin als politisch angezählt. Auch wenn immer wieder beteuert wird, alles sei doch "ergebnisoffen" und auch Forderungen nach einem sofortigen Rücktritt noch ausblieben - das Verfahren lastet im nahenden Bundestagswahlkampf wie eine Hypothek auf Schavan. Und: Das Verfahren kann dauern, es kann sich Monate hinziehen.

Doch die von den Hochschulen erwarteten Milliarden für mehr Studienanfänger ist nicht die einzige offene Baustelle Schavans. Im Bundesrat schmort ihr Gesetzentwurf für eine Verfassungsänderung zur Lockerung des Kooperationsverbotes von Bund und Ländern in der Bildung. Den SPD-Ländern geht die Novelle nicht weit genug. Die Unionsländer möchten am liebsten gar nichts ändern. Die überfällige Erhöhung des Bafögs steht jetzt schon im zweiten Jahr aus. Bund und Länder geben sich gegenseitig die Schuld dafür. Und vergeblich mühte sich Schavan bislang, Bundespräsident Joachim Gauck für ihren Plan zur Etablierung eines neuen Bildungsrates in Deutschland zu gewinnen.

Nein, die Kanzlerin sehe die Ministerin nicht in ihrer Amtsführung beeinträchtigt oder gar beschränkt, versicherte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern. Und auch in den Koalitionsfraktionen suchte man zunächst den Schulterschluss. Selbst der FDP-Forschungspolitiker Martin Neumann, der noch zu Weihnachten Schavan im Fall der Einleitung eines Verfahrens den Rücktritt nahegelegt hatte, warnte jetzt vor "Vorverurteilung".

Der Druck auf die Ministerin lastet schwer, hört man aus ihrer Umgebung. "Es trifft den Kern von dem, was mir wichtig ist", sagte Schavan, als sie im Oktober mit dem Gutachten für die Promotionskommission der Fakultät konfrontiert wurde. Darin wird ihr eine "leitende Täuschungsabsicht" unterstellt. dpa

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