Pflegeheim: Kranke Rentnerin im Rollstuhl verbrüht sich mit heißem Tee

Schleswig · Der Betreiber eines Pflegeheimes muss Schadensersatz leisten, weil sich eine Heimbewohnerin mit heißem Tee verbrüht hat. Die an den Rollstuhl gefesselte Frau hatte schwere Verletzungen an beiden Oberschenkeln erlitten.

Wenn das Personal eines Pflegeheimes heißen Tee in Thermoskannen unbeaufsichtigt in einem Raum mit pflegebedürftigen und auch demenzkranken Heimbewohnern zurücklässt, wird es gefährlich. Und wenn sich anschließend eine im Rollstuhl sitzende, pflegebedürftige Heimbewohnerin mit heißem Tee verbrüht, dann muss der Heimbetreiber Schadensersatz leisten. Das hat das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht entschieden (Az. 4 U 85/12).

Die 73 Jahre alte, pflegebedürftige Heimbewohnerin im konkreten Fall war beim Essen und Trinken auf Hilfe angewiesen und saß im Rollstuhl (Pflegestufe III). Nach dem Mittagessen wurde sie zusammen mit anderen, unter anderem auch demenzkranken Heimbewohnern unbeaufsichtigt in einem Aufenthaltsraum zurückgelassen. Das Pflegepersonal hatte zuvor heißen Tee in Thermoskannen abgefüllt und auf die Fensterbank gestellt. Später wurden bei der alten Dame erhebliche Verbrennungen an den Oberschenkeln festgestellt. Sie musste länger als einen Monat im Krankenhaus behandelt werden, unter anderem waren auch Hauttransplantationen erforderlich. Die Behandlungskosten in Höhe von rund 85.000 Euro forderte die Krankenkasse der Dame anschließend vom Heimbetreiber.

Zu Recht, urteilte das Oberlandesgericht: Der Heimbetreiber sei zum Schadensersatz verpflichtet. Es liege eine Pflichtverletzung des Pflegepersonals vor, wenn heißer Tee in Thermoskannen unbeaufsichtigt in einem Raum mit pflegebedürftigen Heimbewohnern, auch Demenzerkrankten, gelassen wird. Das gelte auch dann, wenn die Verletzte selbst auf Grund ihrer Behinderung nicht die Möglichkeit hatte, die auf der Fensterbank abgestellten Thermoskannen zu erreichen. Es sei nämlich für das Pflegepersonal vorhersehbar, dass sich ein anderer, körperlich mobiler Bewohner eine Thermoskanne nehme, um dann der alten Dame Tee einzuschenken. Wobei die Gefahr bestehe, dass dieser Tee entweder beim Ausschenken oder beim Ansetzen zum Trinken verschüttet werde, was zu Verbrühungen führe.

Das Personal hätte dies bei Anwesenheit im Raum verhindern können und im Rahmen der Aufsichtspflicht auch verhindern müssen, so die Richter weiter. Und im Übrigen hätte es ausgereicht, wenn das Personal bei Verlassen des Aufenthaltsraumes die Thermoskannen schlicht mitgenommen hätte, um die Gefahr abzuwenden. Dies sei zwingend erforderlich gewesen. Das gelte auch, wenn der Tee beim Herausgehen des Personals aus dem Aufenthaltsraum nicht mehr kochend heiß gewesen sei.. Denn auch nicht mehr kochend heißer Tee könne schon ab einer Temperatur von etwa 60 Grad Verbrühungen in erheblichem Umfang auszulösen. Also bei einer Temperatur, die auch nach geraumer Zeit in den Thermoskannen noch vorhanden sein kann. red/wi

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