Totalschaden in der Grünen Hölle

Koblenz · Der frühere rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel soll wegen seiner Rolle bei der gescheiterten Privatfinanzierung am Nürburgring für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht verurteilte den SPD-Politiker wegen Untreue in 14 Fällen.

Ingolf Deubel ist kein Mann, dem irgendjemand mangelndes Selbstbewusstsein unterstellen würde. Selbst in seiner schwersten Stunde bleibt sich der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister treu - und cool. Das Urteil des Landgerichts Koblenz gegen sich - dreieinhalb Jahre Haft - kommentiert er nicht. Sein Anwalt kündigt an, Revision einzulegen. Solange das Urteil nicht rechtskräftig ist, bleibt Deubel (64) ein freier Mann.

Professor Ingolf Deubel, einst bundesweit geachteter Finanzprofi und ausgezeichneter Judoka, hat seine Gesprächspartner gerne seine Überlegenheit spüren lassen. Nachfragen zur Nürburgring-Finanzierung bügelte er oft rigoros ab. Im Gerichtssaal hat das Gehabe nicht funktioniert. Die Staatsanwaltschaft hat Deubels rabiate Auftritte mit heftiger Schelte gegen sie auf ihre Weise beantwortet - mit der Forderung nach einer hohen Strafe. Die Strafkammer ist nur ein halbes Jahr unter dieser Forderung geblieben.

Über drei Stunden lässt sich der Vorsitzende Richter Winfried Hetger mit der Urteilsbegründung Zeit. Das Gericht hegt keinen Zweifel, dass Deubel sich der Untreue schuldig gemacht hat. Zudem sei Vermögen des Steuerzahlers in hohem Umfang gefährdet gewesen.

Für die Strafkammer war Deubel die Hauptfigur, der faktische Geschäftsführer im Drama um die gescheiterte Privatfinanzierung des 330 Millionen Euro teuren Ring-Ausbaus, bei dem sich vermeintlich reiche Investoren als Luftnummern entpuppten. Am Ende mussten die Bauten komplett mit Steuergeld bezahlt werden.

Zum einen geht es um Provisionen für die Finanzvermittler, die private Investoren für den Ring-Ausbau suchten, aber nie fanden. Deubel habe die "vertragslosen Zahlungen auf Grundlage falscher Fakten" veranlasst. Und am Aufsichtsrat der nahezu landeseigenen Nürburgring GmbH vorbei, dessen Vorsitzender er war, durchgesetzt. Zum anderen geht es um Zahlungen über 85,5 Millionen Euro an den Düsseldorfer Kaufmann Kai Richter. Das Geld floss in Form von stillen Beteiligungen, doch in Wahrheit, sagt das Gericht, seien es "verkappte Darlehen" gewesen.

Das Problem besteht darin, dass die Landesförderbank ISB diese Summe über ihre Tochter RIM finanzierte - laut Strafkammer unter Missachtung der Regeln des Kreditwesens, indem auf erforderliche Sicherheiten verzichtet wurde. Im Grunde sollte mit der Konstruktion nur verschleiert werden, dass staatliche Mittel flossen, weil sich kein privater Geldgeber fand, erklärt der Richter.

Sollte das Urteil auch vor dem Bundesgerichtshof Bestand haben, steht Deubel vor den Trümmern seines Lebens. In der Grünen Hölle, wo etliche Rennfahrer aus der Kurve schleuderten, hat er einen Totalschaden erlitten. Das Gefängnis wäre nur ein Problem. Als Verurteilter trägt er die Prozess- und seine Anwaltskosten, geschätzt eine mittlere sechsstellige Summe für anderthalb Jahre Prozess. Zusätzlich verliert er den Beamtenstatus und damit die Pensionsansprüche. Auch die Insolvenzverwalter des Nürburgrings werden Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend machen. Höhe offen.

Die anderen vier Angeklagten sind vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Zwei Strafen sind zur Bewährung ausgesetzt: Ein Jahr, sieben Monate für Ex-Ring-Chef Walter Kafitz, acht Monate für Ex-Ring-Controller Michael Nuss. Die Banker Hans-Joachim Metternich und Roland Wagner werden zwar in neun Fällen der Beihilfe zur Untreue für schuldig befunden, sie kommen aber mit einer Verwarnung und Geldbußen davon.

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