„Kampf bis zum wirtschaftlichen Ruin“

Saarbrücken · Die 22 saarländischen Krankenhäuser stehen vor einem Umbruch. Sie sollen Mehrfachstrukturen abbauen. In einem Papier des Gesundheitsministeriums ist von „Kannibalismus untereinander“ die Rede.

Allmählich werden die Umrisse der zukünftigen Krankenhauspolitik im Saarland erkennbar. Das Gesundheitsministerium sieht vor der 2017 anstehenden Erstellung eines neuen Krankenhausplans enormen Handlungsbedarf. Das lässt sich aus einer Analyse ableiten, die Fachleute des Ressorts erstellt haben und die von Ministerin Monika Bachmann und Staatssekretär Stephan Kolling (beide CDU ) abgesegnet ist.

Darin heißt es, die Träger der 22 Krankenhäuser müssten "Mut zur Veränderung und vor allem zur Kooperation" haben. Bis 2025 werde es eine Zentralisierung und Konzentration von Fachabteilungen geben, durch Mindestmengen und Qualitätsvorgaben. Diese würden von Bund und Land gefördert. Das Land will seine Zuschüsse für Investitionen in den Kliniken um mehrere Millionen im Jahr anheben.

Im Saarland gibt es der ministeriellen Bestandsaufnahme zufolge eine überdurchschnittlich hohe Krankenhaus- und Bettendichte mit hoher Auslastung. Die Krankenhäuser , überwiegend kleine Häuser in frei-gemeinnütziger Trägerschaft, hätten überdurchschnittlich viele Fachabteilungen. Es gebe "keine vernünftige Spezialisierung in Schwerpunktzentren".

Die Krankenhausträger hätten bisher stets am Erhalt und am Ausbau der eigenen Marktstellung gearbeitet, indem sie ihre Leistungen ausgeweitet und lukrative neue Bereiche etabliert hätten. Das Ministerium konstatiert einen "Kannibalismus der Krankenhäuser untereinander: Jeder will alles machen, auch in Häusern der Grundversorgung". Die Untersuchung des Ministeriums listet Mehrfachstrukturen in den Regionen Neunkirchen, Saarlouis/Dillingen, im Nordsaarland sowie in Saarbrücken auf. Die bisherigen Strukturen führen laut Ministerium zu einer "angebots-induzierten Nachfrage" (also medizinisch nicht unbedingt notwendigen Leistungen, die erbracht werden, um die vorhandenen stationären Kapazitäten auszulasten). Dass es dieses Phänomen gibt, wird von den Kassen bestätigt, von den Krankenhausträgern aber bestritten. Weiterhin führen die Klinikstrukturen aus Sicht des Ministeriums zu einem "ressourcenintensiven Kampf bis zum wirtschaftlichen Ruin auf Kosten der Träger und der Allgemeinheit".

Dabei wird eingeräumt, dass die Landesregierung selbst Nachholbedarf hat, und zwar bei den Investitionen für Kliniken . Anders als die laufenden Kosten der Kliniken , die von den Kassen getragen werden, sind die Investitionen Sache der Länder - oder sollten es zumindest sein. In Wahrheit haben die Länder hier seit Jahren massiv gekürzt. Das Saarland stellte 2010 noch 38 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, inzwischen sind es noch 28,5 Millionen. Nach der Logik der Schuldenbremse darf sich das Saarland hier pro Einwohner nicht mehr leisten als andere Bundesländer.

Dass das Land hier mehr tun muss, sieht man nun auch im Ministerium so. Rheinland-Pfalz hat ein Sonderprogramm für Kliniken in Höhe von 15 Millionen Euro aufgelegt. Ähnliches schwebt dem Gesundheitsministerium vor, um "zusätzliche Mittel zum notwendigen Umbau der Krankenhauslandschaft und zur Neuausrichtung der kleinen Krankenhäuser " zur Verfügung zu stellen. "In Anlehnung an das Volumen des Sonderprogramms von Rheinland-Pfalz ist eine Anpassung der Pro-Kopf-Ausgaben für die Förderung der saarländischen Krankenhäuser in Höhe von zusätzlich 4 Mio. Euro jährlich ab 2018 geplant", heißt es. Aus Sicht der Krankenkassen und der Kliniken wäre der Anstieg auf 32,5 Millionen Euro ein Fortschritt. Doch notwendig wären aus deren Sicht 80 Millionen Euro im Jahr.

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