Lotsen gegen die Vereinsamung alter Menschen

Saarbrücken · Nicht nur Senioren und Eltern stehen im Fokus von Sozial- und Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU). Sie will auch Patienten das Leben erleichtern: Das Saarland wird 2017 bundesweit als Modellregion testen, ob es effizienter ist, wenn Ärzte den Ergo- oder Physiotherapeuten nicht mehr die Behandlungsart vorschreiben.

 Einsame alte Menschen brauchen für ihre Alltagsbewältigung Hilfe. Freiwillige „Seniorenlotsen“ sollen die Hilfe leisten. Foto: dpa

Einsame alte Menschen brauchen für ihre Alltagsbewältigung Hilfe. Freiwillige „Seniorenlotsen“ sollen die Hilfe leisten. Foto: dpa

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Monika Bachmann (CDU ) befindet sich im Vergleich mit anderen Ministerkollegen in einer beneidenswerten Situation: Politischer Streit ist dort, wo sie, die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, nicht ist. Also nutzte sie das Sommergespräch in der Saarbrücker Staatskanzlei vor Journalisten dazu, das dicke Buch ihrer Vorhaben aufzublättern. Selbst beim SPD-Reizthema Pflegekammer bewies die Ministerin dabei ihre Moderationsstärke. Sie trat nicht etwa als persönlich überzeugte Vorkämpferin für diese neu einzuführende (Zwangs-)Berufskammer auf, sondern erklärte sich lediglich zur politisch Beauftragten der Pflegekräfte, die ihr diesen Vorschlag unterbreitet hätten.

Auch bei dem von Bachmann kürzlich gestarteten "Pflegepakt", der sich um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege kümmert, von manchem jedoch als Alibi-Initiative gesehen wird, läuft laut Bachmann alles in Harmonie. Die Gewerkschaft Verdi sei mit an Bord, bis Ende des Jahres seien konkrete Ergebnisse zu erwarten. Das Ziel des Paktes, dem 20 Partner angehören, sei eine schnellstmögliche Entlastung der Pflegekräfte. "Die Menschen am Bett sind kaputt", so die Ministerin. Als Hauptbaustein für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen nannte sie die neue Ausbildung zum "Pflegeassistenten" mit zweijähriger Dauer. Dieses Berufsbild soll einen Link zwischen examinierten Kräften (drei Jahre Ausbildung) und Altenpflegerhelfern (ein Jahr) bilden. Bachmann schwebt unter anderem eine Fernstudium-Möglichkeit vor. Auch für die Pflegeassistenten-Ausbildung soll der Pflegepakt herangezogen werden und ein Konzept erarbeiten.

Außerdem kündigte Bachmann eine landesweite Initiative für "späte Hilfen" an: Senioren , die noch nicht pflegebedürftig sind, aber allein leben oder immobil sind, sollen in jedem Landkreis und im Regionalverband Anlaufstellen für "Seniorenlotsen" finden. Letztere sind für mehr Teilhabe zuständig, fungieren beispielsweise als Begleitservice für Friseur- oder Arztbesuche oder organisieren Theaterbesuche. Bachmann: "Wir wollen dadurch der Vereinsamung und der Isolation von Älteren entgegenwirken." Das Ministerium beabsichtige, pro Kreis eine halbe Stelle für die Vernetzung mit ehrenamtlichen Lotsen/Helfern (20 Stunden) zu finanzieren.

Auch für Patienten hat Bachmann etwas im Köcher. Denn sie macht das Saarland zur Modellregion für ein einjähriges Pilotprojekt, das Therapie-Praxen mehr Selbständigkeit bringen wird. Ergo- oder Physiotherapeuten erhalten die Möglichkeit, selbst über Art und Umfang der Behandlung zu entscheiden, denn Ärzte vermerken auf dem Rezept nur noch die Diagnose und gegebenenfalls eine Behandlungsempfehlung (Blanko-Verordnung).

Für Patienten entfällt dadurch bei einer Rezeptänderung das lästige Hin und Her zwischen Therapeut und Arzt. "Wir haben die Zustimmung der Gesundheitsministerkonferenz, dass das Saarland diese Neuerung ein Jahr lang testen kann", sagte Bachmann. Mit der Umsetzung rechnet das Ministerium frühestens im Sommer 2017, denn vorangehen müssen gesetzliche Neuregelungen zwischen den Kassen und den Verbänden der Gesundheitsberufe.

Ziemlich zügig, nämlich schon nach den Herbstferien, könnte hingegen eine neue Unterstützungs-Einrichtung für Eltern an den Start gehen: eine ministerielle Kompetenz- und Servicestelle. Zwei Stunden pro Monat wird eine Familientherapeutin/Mediatorin per Telefon erreichbar sein. Wenn Kinder sich veränderten oder gar verhaltensauffällig würden, wollten Eltern nicht immer sofort zum Arzt oder zum Kinder-Psychologen gehen, so Bachmann: "Uns geht es um ein möglichst niedrigschwelliges Beratungsangebot." Die Hotline könne sogar anonym in Anspruch genommen werden. Zeiten und Rufnummer stünden noch nicht fest.

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