Stadtrats-Piraten sind jetzt grün

Saarbrücken · In der Stadtrats-Opposition geht's rund: Erst löste sich die Fraktion der Alternative für Deutschland auf, jetzt schlossen sich die beiden Piraten-Stadtverordneten der Grünen-Fraktion an.

"Das war's" - manchmal reichen zwei Worte für eine klare Botschaft. José Ignacio Rodriguez Maicas und Thomas Brass, die beiden bisherigen Vertreter der Piraten im Stadtrat, sind aus der Partei ausgetreten. "Die monothematische Ausrichtung als ‚Netzpartei' bietet für unsere kommunale Arbeit ein zu geringes Fundament. Im Saarland ist die politische Arbeit sowohl auf Landes- und auch auf Kreisebene zum Erliegen gekommen", erklären beide, die auch den Kreisverband Saarbrücken der Piraten geführt hatten.

Maicas und Brass haben schnell eine neue politische Heimat gefunden: "Wir werden uns der Fraktion Bündnis90/Die Grünen anschließen. Schon zu Beginn unserer Ratsarbeit haben wir eine große inhaltliche Nähe zur Fraktion der Grünen festgestellt." Maicas hat kein Problem damit, von der Opposition ins Koalitionslager zu wechseln. "Ich will Saarbrücken gestalten, egal ob in der Opposition oder Koalition", sagte er gestern. Er sehe eine große "professionelle Basis" bei den Grünen. Zudem hätten die Piraten bisher schon oft mit der Koalition im Stadtrat gestimmt. Rot-Rot-Grün hat künftig 37 Sitze, die Opposition nur noch 26 Sitze. Damit gibt es zwei Fraktionen, die nach der Kommunalwahl in den Stadtrat eingezogen waren, nicht mehr. Die Piraten, die 3,6 Prozent der Stimmen 2014 bei der Stadtratswahl geholt hatten, haben sich komplett aufgelöst, die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) ist nach der Wahl von Frauke Petry an die Spitze der Bundespartei zersplittert. Bernd Krämer ist weiter AfD-Mitglied. Seine bisherigen Fraktionskollegen Sven Wagner und Martina Brenner nennen sich nun Fraktion der "Allianz für Fortschritt und Aufbruch". Diese Partei hatte Petrys Widersacher Bernd Lucke nach seiner Niederlage um den Parteivorsitz gegründet.

Nach dem Kommunalen Selbstverwaltungsgesetz ist ein Wechsel von der Opposition ins Koalitionslager möglich, sagt Verwaltungsdezernent Jürgen Wohlfarth . Die einzige Bedingung bei einem Parteiwechsel sei, dass es sich um die "im Wesentlichen gleiche politische Zielsetzung handelt". Trotzdem kritisiert CDU-Fraktionschef Peter Strobel : "Es ist keine gute Entwicklung, dass Gruppierungen entweder über temporäre Themen oder als Vertreter von Partikularinteressen in kommunale Räte kommen." Deshalb befürworte er, dass CDU und SPD im Landtag eine Drei-Prozent-Hürde für Kommunalwahlen prüfen wollen. "Die Wähler müssen sich sicher sein können, dass ihre Stimme nicht innerhalb eines Jahres ihren Wert verloren hat."

Meinung:
Wechsel widerspricht Votum

Von SZ-Redakteur Markus Saeftel

Die Entscheidung der beiden ehemaligen Piraten-Politiker, den Grünen und damit der Koalition beizutreten, wird ihren Wählern gar nicht gefallen. Denn die wollten gerade nicht die etablierten Parteien und die Stadtratskoalition unterstützen, sondern hofften auf frischen Wind im Stadtrat. Deshalb hätten José Ignacio Rodriguez Maicas und Thomas Brass in der Opposition bleiben sollen - auch wenn die Enttäuschung über die Piraten groß ist. Die Ex-AfD-Fraktion hat es vorgemacht. Die drei Politiker sitzen immer noch auf der Oppositionsbank - so wie es ihre Wähler gewollt haben. Auch Maicas und Brass hätten dort zumindest in dieser Legislaturperiode weiter ihre Positionen vertreten können. Viele Bürger werden sich künftig zweimal überlegen, ob sie einer neuen, kleinen Partei ihre Stimme geben. Deshalb werden bei der nächsten Kommunalwahl wahrscheinlich die etablierten Parteien zulegen. Die Saarbrücker wollen nicht noch einmal eine böse Überraschung erleben und Politiker, die mal schnell die Parteifarbe wechseln.

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