Technologie im Naturschutzgebiet?

Saarbrücken · Was kann eine Stadt, die pleite ist, noch tun, um attraktiver zu werden? Darf das Denken an den Grenzen eines Naturschutzgebiets aufhören? Muss man sich um den Saarbrücker Handel Sorgen machen? Darüber redeten Wirtschaftsvertreter mit Oberbürgermeisterin Charlotte Britz.

 Saarbrücker schätzen die St. Arnualer Wiesen als Ort zum Spazierengehen. Fotos: Becker&Bredel

Saarbrücker schätzen die St. Arnualer Wiesen als Ort zum Spazierengehen. Fotos: Becker&Bredel

Trotz aller Sparzwänge: Die Landeshauptstadt muss investieren, um sich weiterzuentwickeln. Da waren sich alle Teilnehmer einer Diskussionsrunde zur Frage "Quo vadis - Saarbrücken ?" am Mittwochabend einig. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Stadt Saarbrücken hatten zu diesem Treffen eingeladen. Im Business Communication Center des IT-Parks Saarland in Burbach war von besonderem Interesse, wo die Stadt neue Standorte für Gewerbe ausweisen könnte. "Ohne Denkverbot" sollten alle Flächen betrachtet werden, erklärte Lothar Kuntz vom Amt für Wirtschaftsförderung.

IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch hatte da schon eine Idee: "Die St. Arnualer Wiesen sind doch ein schicker Standort für einen Technologiepark", sagte er. Gewerbe im Naturschutzgebiet? Das kann sich Michael Genth, stellvertretender Vorsitzender des Vereins für Handel und Gewerbe, dort nicht vorstellen. Stattdessen hatte er für die St. Arnualer Wiesen eine andere Vision: Das Gebiet könnte als ökologisches, "selbstkompostierbares" Wohngebiet dienen, das irgendwann wieder zur Wiese wird, sagte er mit Blick auf die Zukunft. Mehr Menschen in Saarbrücken , das sei der wirkliche Bedarf und attraktiver Wohnraum sei die Lösung dazu. Denn dann kämen auch Menschen, die Geld verdienen. Über den Handel solle sich jedenfalls laut Genth niemand Gedanken machen, "der kommt von alleine", "wir gehen da hin, wo Geld ausgegeben wird".

Neue Flächen für Industrie und Dienstleistung, aber auch für Gewerbe und Wohnen sieht Oberbürgermeisterin Charlotte Britz im Mühlenviertel und in der Mainzer Straße bis hin zum Osthafen, wo sich "viele private Unternehmen ansiedeln wollen". Private Investoren sind bei ihr gerne gesehen. Bereits an der Berliner Promenade hätten Private 22,8 Millionen Euro und am Eurobahnhof über 30 Millionen Euro investiert. Für die Entwicklung der Stadt sei natürlich auch nicht nur die Politik alleine verantwortlich. Mit gesellschaftlicher Unterstützung könne die Stadt mehr durchsetzen.

In Sachen Hochschule gingen die Meinungen auseinander. Als Mitarbeiter eines globalen Unternehmens sei es Dieter Laurent, Leiter Werksanlagen, Umwelt und Sicherheit der Firma ZF, "egal, wo die Akademiker herkommen", auch wenn es ihm persönlich wichtig ist, "Lokalkolorit mitzubekommen". Volker Giersch war hingegen anderer Meinung: "Was ist wichtiger, als unsere Industrie mit Fachkräften von unseren Hochschulen zu versorgen?" Michael Genth riet außerdem, das International Baccalaureate, ein international anerkanntes Abitur, im Saarland möglich zu machen. Eine internationale Schule stehe laut Britz schon auf ihrer Agenda.

Am Ende blieben also einige Pläne, die gemacht werden müssen, Projekte, die angestoßen werden sollen und Fördermaßnahmen, die die Stadt angehen könnte. Auch da waren sich alle einig: Es gibt viel zu tun.

 Michael Genth (Verein für Handel und Gewerbe), Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, Moderator Martin Rolshausen, Dieter Laurent (ZF) und IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch (v.l.).

Michael Genth (Verein für Handel und Gewerbe), Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, Moderator Martin Rolshausen, Dieter Laurent (ZF) und IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch (v.l.).

Zum Thema:

HintergrundEin Parkhaus mit über 800 Plätzen für ZF-Mitarbeiter im Industriegebiet Süd kündigte Dieter Laurent von der ZF an, um Parken im Wohngebiet zu verhindern. Bis zur Fertigstellung könne auf dem Milchhofgelände und dem alten Zollbahnhof in Richtung Frankreich geparkt werden. Der Versuch, Shuttlebusse einzusetzen, sei gescheitert. pam

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort