„Ein Ruck durch die Kommunen“

Saarbrücken · Sparen durch effektiveres Arbeiten und gemeinsame Anschaffungen – dazu sollen Kooperationen der Kommunen beitragen. Der Innenminister setzt auf Freiwilligkeit und konstatiert viel Bereitschaft.

 Der gemeinsame Kauf von Feuerwehrautos könnte den Kommunen Geld sparen. Foto: Feuerwehr st. wendel

Der gemeinsame Kauf von Feuerwehrautos könnte den Kommunen Geld sparen. Foto: Feuerwehr st. wendel

Foto: Feuerwehr st. wendel

Die Kassen sind leer - so wächst jetzt im Saarland die Bereitschaft der Kommunen zur Kooperation. "Seit der Vorstellung des Junkernheinrich-Gutachtens ist ein Ruck durch die Kommunen gegangen", lobte gestern Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) die Städte und Gemeinden. Aktuell seien in der Kooperationsdatenbank über 400 interkommunale Kooperationen im Saarland gelistet.

Besonders die acht Kommunen und das Landratsamt im Landkreis St. Wendel machten ernst mit der Teamarbeit: Unterstützt von Innenministerium und der Bertelsmann Stiftung loten sie Kooperationen in allen kommunalen Aufgabenbereichen aus. Rund 70 Interviews hat die Stiftung daher mit Verwaltungschefs, Personalräten, Fraktionsvorsitzenden und Mitarbeitern des Innenministeriums geführt, um herauszufinden, wo die Akteure Potenzial zur Zusammenarbeit sehen. Am 17. Juni fand der Startworkshop statt. Ende 2016 sollen Handlungsempfehlungen vorliegen, über deren Umsetzung die Räte entscheiden.

Denkbar ist, dass Gemeinden Aufgaben wie Beschaffung, Informationstechnologie, Standesamt , Bauhof, Kulturamt oder Verkehrsüberwachung zusammenlegen. "Wir müssen die Frage beantworten: Was an Verwaltung braucht der Bürger vor Ort und was kann im Hintergrund gemeinsam erledigt werden", sagte Landrat Udo Recktenwald (CDU ), "es ist höchste Zeit, Kirchturm-Denken und Eitelkeiten beiseite zu legen und vertrauensvolle Gemeinsamkeit und Teamgeist zu stärken."

Im Bereich der Feuerwehren sei die Zusammenarbeit schon angelaufen, etwa bei der Anschaffung von kostspieligen Feuerwehrwagen, berichtete der Marpinger Bürgermeister Werner Laub (SPD ). Der Tholeyer Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU ) verwies auf steuerrechtliche Hemmnisse, die zu lösen seien. So sei es eine Frage, ob bei der Zusammenarbeit von Kommunen in bestimmten Fällen Umsatzsteuer fällig wird (was die Kooperation teuer machen würde).

Beide Verwaltungschefs betonten, vor Ort sollten Bürger weiterhin ihre Ansprechpartner haben. Möglichkeiten zur Zusammenlegung und so zu mehr Effizienz sehen sie in den sogenannten "back office"-Bereichen ihrer Verwaltungen - also Ämter wie die Sachbearbeitung, zu denen Bürger im Regelfall keinen Kontakt haben.

Es sei denkbar, dass bisher bei der Kreisverwaltung angesiedelte Anlaufstellen - etwa im Sozialbereich - dezentralisiert werden und so auch auf kommunaler Ebene Anträge gestellt werden könne, sagte Recktenwald. Durch die Kooperationen solle es aber nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Frei werdende Stellen würden eventuell nicht mehr nachbesetzt. "Die interkommunale Zusammenarbeit ist nur eine Facette, damit lässt sich die finanzielle Situation nicht lösen", sagte Schmidt. Schwierige Gespräche erwarten die St. Wendeler, wenn es um die Infrastruktur - Sporthallen und Schwimmbäder etwa - geht.

Bouillon verwies auf weitere Projekte. So hätten der Saarpfalzkreis und die Stadt Homburg eine Vorreiterrolle beim gemeinsamen Gebäude-, Energie- und Trinkwassermanagement. Gutachten hätten gezeigt, dass durch eine Investition von acht Millionen Euro pro Jahr rund 25 Prozent der Energiekosten eingespart werden können. Auch Blieskastel, Gersheim und Mandelbachtal streben eine Zusammenarbeit in der Verwaltung (Standesamt ) an. "Es ist immer besser, man macht etwas freiwillig, als wenn etwas oktroyiert wird", sagte Bouillon . Die Landesregierung setze auf Freiwilligkeit. Doch die Möglichkeit stünde im Raum, die Zusammenarbeit nach der Landtagswahl 2017 zur Pflicht zu machen.

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