„Wir streiken auch unbefristet“

Saarbrücken · In Saarbrücken haben gestern Tausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst am bundesweiten Warnstreik von Verdi teilgenommen. Dadurch kam es auch im Klinikum zu langen Wartezeiten.

 Mit Trillerpfeifen, Trommeln und Plakaten zogen die Streikenden durch die Saarbrücker Innenstadt.

Mit Trillerpfeifen, Trommeln und Plakaten zogen die Streikenden durch die Saarbrücker Innenstadt.

Laut war es gestern Vormittag am Gustav-Regler-Platz. Noch bevor die Demonstrationszüge mit Trillerpfeifen, Trommeln und bunten Plakaten durch die Saarbrücker Innenstadt zogen, trafen sich Beschäftigte aus allen saarländischen Kommunen vor der Stadtbibliothek. Anschließend ging es zur Kundgebung ans Staatstheater. Unter den Demonstranten waren viele Erzieherinnen, die für mehr Anerkennung und Gehalt kämpfen. Mit dabei war Marion Reiser, die 37-Jährige fordert: "Wir wollen so viel verdienen, dass wir auch noch im Alter etwas davon haben." Auch hofft sie, dass es bei diesem einen Warnstreik bleibe und die dritte Tarifrunde in einer Woche ergiebig ende.

Viele der Demonstranten sind nicht zum ersten Mal bei einem Streik dabei. Die Erzieherinnen Juanita Laval-Wolf und Simone Klein-Brinker von der Kita Lauterbach kämpften bereits 2015 um mehr Lohn. Jetzt geht es den beiden auch um die Zusatzversorgung im Alter. Die 44-jährige Simone Klein-Brinker pocht zudem auf neue Standards: "Die Größe der betreuenden Gruppen zu verkleinern, wäre schon mal ein Anfang." Rainer Britz von der saarländischen Bundesagentur für Arbeit schließt auch weitere Streiks nicht aus. "Eine Erhöhung um sechs Prozent ist gerechtfertigt. Falls das auf der nächsten Verhandlung wieder nicht verstanden wird, streiken wir auch unbefristet", kündigte der 58-Jährige an.

Im Klinikum Saarbrücken musste sich manch ein Patient auf längere Wartezeiten einstellen. Gerd Weiler aus Saarbrücken bezeichnet die Zustände gestern als "katastrophal". Zwei Stunden Wartezeit mussten er und seine Frau einrechnen. "Ich vermute, dass es auch mit dem Streik zusammenhängt", sagte Weiler. Anders als in den Vorjahren gab es im Klinikum keine Notdienstvereinbarung zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Klinik-Geschäftsführung. Verdi hatte gefordert, acht - als Kompromiss fünf - Stationen zu schließen. Die Mitarbeiter des Klinikums seien daher, laut Geschäftsführerin Dr. Susann Breßlein, zu einem Notdienst eingeteilt worden. Die einstweilige Verfügung, die Verdi im Arbeitsgericht dagegen eingereicht hatte (wir haben berichtet), wurde am späten Mittwochabend abgelehnt. "Diese Art und Weise des Streiks wäre unmöglich gewesen", sagte Breßlein. Ein Wunsch von Verdi sei es zudem gewesen, dass das Krankenhaus bereits eine Woche im Voraus eine Art Patientenstopp anwende und auch die Patienten der betreffenden Stationen in andere Krankenhäuser evakuiere. "Das ist ein psychische Belastung für die Kranken", kritisierte Breßlein. Normalerweise gebe es 60 bis 80 Operationen am Tag, gestern sah das jedoch anders auch. Nur Notfälle wurden operiert. "Bis 10 Uhr vormittags hatten wir sieben OPs, darunter eine Geburt und einen Oberschenkelbruch ", sagte der stellvertretende ärztlicher Direktor, Dr. Konrad Schwarzkopf. Patienten , die an diesem Tag einen OP-Termin hatten, mussten auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet werden.

 Marion Reiser

Marion Reiser

 Rainer Britz

Rainer Britz

 Das Wertstoffzentrum blieb wegen des Warnstreiks geschlossen. Fotos: Becker & Bredel

Das Wertstoffzentrum blieb wegen des Warnstreiks geschlossen. Fotos: Becker & Bredel

 Juanita Laval-Wolf

Juanita Laval-Wolf

 Gerd Weiler

Gerd Weiler

Viele Bürger standen gestern vor verschlossenen Türen. Das Bürgeramt, die Rathaus-Info und städtische Kitas blieben zu. Die Not-Kita-Plätze wurden nur "sehr zurückhaltend" genutzt, teilte die Stadt mit. Zudem blieben Wertstoffhof und -zentrum geschlossen, und auch die Müllabfuhr verschob sich. Vom Streik betroffen war auch die Saarbahn, sie fuhr gestern die Abschnitte zwischen Etzenhofen bis Römerkastell nicht an. > weiterer Bericht

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