Wenn es Streit gibt im Wald

Saarbrücken · Früher war der Wald das Revier von Jägern, Sammlern und Holzfällern. Diese Arten der Urnutzung gibt es immer noch, aber in modernen Zeiten entfalten sich viele weitere Aktivitäten, die sich gegenseitig in die Quere kommen. Einer stört den anderen, und alle stören das Wild. Das führt zu Konflikten, besonders oft im Sommer.

 Urban Backes Foto: Wieck

Urban Backes Foto: Wieck

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Die häufigste Beschwerde, die Urban Backes vom Revier Rastpfuhl-Püttlingen in diesen heißen Sommertagen zu hören bekommt, betrifft Staub! Spaziergänger klagen, dass Autos zu flott über die Waldwege fahren und Dreck aufwirbeln - der schöne Wald sei gar nicht für Autos da. Und da die Wege oft zugewachsen sind, kann man den Autos nicht so gut ausweichen.

Falsch, sagt der Saarförster, es gebe sehr wohl Personen, die mit dem Wagen in den Wald dürfen, zum Beispiel die Besitzer, Waldbewohner (auch die gibt es), die Kollegen der Forstwirtschaft, die Jagdberechtigten oder etwa die Brennholzselbsterwerber. Das sind die Leute, die sich das Feuerholz für daheim selbst kleinschneiden. Wenn das Holz ist, das am Wegesrand gefällt wurde, ist derlei dieser Tage gestattet, wogegen Holz in der Fläche von 15. April bis 1. August nicht geschnitten werden darf, um Tiere zu schützen.

Weil die Holz-Amateure wenig Übung beim Befahren unwegsamen Geländes mit Anhängern haben, stellen sie ihre Gespanne oft ungelenk und etwas behindernd am Wegesrand ab. Das gibt manchmal Ärger mit Zeitgenossen, die derlei Hindernisse nicht gewöhnt sind und Vollbremsungen hinlegen (die Staub aufwirbeln), etwa Mountainbiker.

So könnte Urban Backes noch eine ganze Latte von Konflikten aufzählen, die sich aus der Nutzung, speziell der Freizeitnutzung des Waldes ergeben. Gerdade jetzt im Sommer halten sich besonders viele Menschen in den Wäldern auf und halten jeweils ihre Interessen für besonders schützenswert.

Je näher der Wald an der Stadt liegt, desto zahlreicher und nachdrücklicher sind die Ansprüche an die Freizeitnutzung. Das hängt nach Meinung des Försters damit zusammen, dass der "Stadtmensch" sich weiter von den "Urnutzungen" des Waldes entfremdet habe, ihn also unbefangener sieht.

Neben den Spaziergängern, Joggern, Wanderern und Radfahrern trifft man in diesen Tagen allerorten Reiter und Kutschfahrer, neuerdings auch Downhill-Biker, die verwegene Abfahrten suchen, Pilzsammler, an den Waldweihern sogar Badegäste, wilde Camper und Geocacher, das sind Menschen auf einer Art elektronischer Schnitzeljagd, die auch in Baumkronen Verstecke suchen.

Immer zahlreicher in den Wäldern treten Naturschützer auf, die für diverse Tiere und Pflanzen Schutz(räume) erbitten, so etwa Wegesperrungen für Kröten. Was das Baden betrifft, sind die Regeln klar: Es ist in allen Gewässern des Waldes nicht erlaubt, weil niemand für die Sicherheit gerade stehen kann. Beim Angeln ist die Rechtslage komplizierter, es gibt erlaubtes und verbotenes Angeln. Wer auch nur zweifelt, ob er darf, der lässt es besser sein. Übrigens gibt es sogar illegale Angler, die illegale Badende beim Förster verpfeifen!

Wenn Naturliebhaber nur Unterstände im Wald bauen würden, wäre es den Verantwortlichen egal; leider aber, so Förster Backes, würden die Camper Feuer machen, Saufgelage abhalten und Müll zurücklassen. Deshalb toleriere man dies nicht. Beim Pilzesammeln gilt: für den Eigenverbrauch ist es überall erlaubt, nicht im Sinn einer verträglichen Waldnutzung ist die quasi geschäftsmäßige Entnahme von allerlei teuren Pilzen (Steinpilze) zum Verkauf an die Gastronomie.

Derlei Treiben wurde in den letzten Jahren an einigen Stellen beobachtet - übrigens wieder eine Art Rückkehr zur Urnutzung. Der klassische Konflikt im Wald, der bisweilen sogar Rangeleien und Polizeieinsätze zur Folge hat, ist der zwischen Hundebesitzer und Hund hier und Spaziergängern und Sportlern dort.

Viele Menschen sind der irrigen Annahme, dass Hunde im Wald anzuleinen seien und verlangen oft lauthals vom Halter, die Tiere an die Kette zu nehmen, selbst die ganz braven Vierbeiner. Tatsächlich dürfen Hunde im Wald frei laufen, müssen allerdings dem Hundeführer auf Kommando gehorchen und bei Fuß gehen. Niemand muss sich von einem Hund verfolgen oder anspringen lassen. Viele Hundebesitzer verstehen immer noch nicht, dass es Menschen (nicht nur Kinder) gibt, die Angst auch vor kleinen Hunden haben und denen der Satz "der macht nichts!" keine Beruhigung gibt.

Alles in allem, so Urban Backes, funktioniert das Zusammenleben der diversen Waldnutzer allerdings "sehr passabel", und das trotz oder vielleicht sogar wegen des Mangels an geschriebenem Regelwerk. Es spielt sich alles irgendwie ein, "und ich kann auch im Namen meiner Kollegen nur an die Vernunft appellieren, dass es keine Probleme gibt, wenn alle etwas Rücksicht nehmen", so Backes.

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