Stadt scheitert mit Strom-Sparplan

Saarbrücken · Der Plan klang gut: Rund eine Million Euro wollte die Stadt in drei Jahren sparen, in dem sie ein Blockheizkraftwerk des VVS-Konzerns pachtet. Doch die Unsicherheit, ob die Stadt die Stromsteuer spart oder doch zahlen muss, war zu groß.

Obwohl der Stadtrat bereits zugestimmt hat, wird die Stadtverwaltung nun doch kein Kraftwerk von der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Saarbrücken (VVS) pachten. Wie Marion Linder, Leiterin des Beteiligungsmanagementbetriebs der Stadt mitteilte, sei am Ende das Risiko zu groß gewesen, dass die Stadt ein Verlustgeschäft macht.

Vor allem zwei Faktoren seien ausschlaggebend gewesen: Einerseits habe das Hauptzollamt der Verwaltung nicht eindeutig versichert, dass sie keine Stromsteuer bezahlen muss, wenn sie das Kraftwerk pachtet, sagte Linder. Eine übergeordnete Behörde hätte das noch prüfen müssen. Doch das hätte nach ihren Angaben einige Wochen gedauert. Die Verwaltung stand aber unter Zeitdruck. Denn ab 1. August greife das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Ab diesem Zeitpunkt seien sogenannte "Bestandsanlagen" nicht mehr von der EEG-Umlage befreit. Die Unsicherheit bei der Steuer sei das "Totschlagsargument" für das gesamte Projekt gewesen.

"Bis Ende Juli hätten auch alle Verträge fertig sein müssen", meinte Linder. Die Energie SaarLorLux (ESLL), die den Strom für die städtischen Gebäude liefert, sei durchaus aufgeschlossen gewesen und habe Verständnis für den Plan der Stadtverwaltung gehabt. Doch sie habe eine Kompensationszahlung dafür verlangt, dass die Stadt aus dem Stromliefervertrag aussteigt. Außerdem habe sie der Stadt weniger als der VVS für die Fernwärme aus dem Kraftwerk bezahlen wollen, die die ESLL vertreibt. Trotzdem sagt Linder: "Die ESLL war entgegenkommend."

Stefan Eichacker von der ESLL ergänzt: "Wir waren offen und hätten das gerne umgesetzt." Die Kundenbindung sei bei solch langfristigen Verträgen viel enger als bei einem Liefervertrag, der jährlich gekündigt werden könne. Im vergangenen Jahr hatte der Getriebehersteller ZF das VVS-Kraftwerk im Industriegebiet Süd gepachtet. Linder bedauert, dass der Plan der Verwaltung nun doch nicht umgesetzt werden kann. Aber auch der Stadtratsbeschluss habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass die Stadt von der Stromsteuer befreit wäre und sie sich mit der ESLL einigt. Die Verwaltung hatte auf eine Einsparung bei den Stromkosten von rund einer Million Euro in drei Jahren gehofft. 4,7 Millionen Euro gibt sie jährlich für Strom aus. Im nächsten Jahr werde der Strom für die Gebäude und die Straßenbeleuchtung neu ausgeschrieben, sagte Linder.

Dass die Verpachtung eines Blockheizkraftwerks (BHKW) im Busdepot an die Stadt nicht klappt, ist nach Ansicht von Peter Edlinger, Geschäftsführer des VVS-Konzerns, kein Beinbruch: "Es wäre schön für die Stadt gewesen, es wirft die VVS aber nicht um." Denn die habe zum 1. Juli vier BHKW auf Biomethan umgestellt und schreibe damit eine "schwarze Null". Denn sie erhalte dafür eine Prämie nach dem EEG-Gesetz. Außerdem kassiere sie eine "Flexibilitäts-Prämie", wenn die VVS den Strom selbst und zu einem bestimmten Preis vermarktet. Sehr wichtig sei auch die Verpachtung des Gaskraftwerks an die ZF gewesen. Edlinger: "Damit sind wir aus dem Gröbsten raus." Das einzige BHKW, das noch mit Methan- und Erdgas betrieben wird und das die Stadt pachten sollte, fahre Verluste im fünfstelligen Bereich ein. Das könne der Konzern verkraften. Die VVS habe der Stadt vorgeschlagen, das BHKW zu pachten. Doch das bis Ende Juli hinzubekommen, sei ein ehrgeiziges Ziel gewesen. Die Verhandlungen habe die Stadt geführt.

Wäre es nicht besser gewesen, früher in die Verhandlungen einzusteigen, um bis Ende Juli fertig zu sein? Edlinger entgegnete, es sei lange nicht sicher gewesen, was denn im neuen EEG-Gesetz drinsteht: "Das hat sich ja fast jeden Tag geändert." Die Entscheidung der Stadt kann der VVS-Geschäftsführer nachvollziehen: "Sie hätte nicht die Gewissheit gehabt, dass sie Steuern spart, aber Fakten geschaffen." Wie eine Seifenblase ist der Traum der Stadt geplatzt, ein Kraftwerk des VVS-Konzerns zu pachten und dadurch die Stromkosten zu senken. Der Zeitplan war zu ehrgeizig: Denn bis Ende Juli mussten alle Verträge unter Dach und Fach sein, um die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu umgehen. Bis zuletzt war jedoch unklar, ob die Stadt die Stromsteuer spart, die einen Großteil des Strompreises ausmacht. Doch das war die Grundvoraussetzung für den Kraftwerks-Deal. Da diese nicht vorlag, musste die Stadt den Rückzieher machen.

Zweites Problem: Die Energie SaarLorLux, an der der internationale Suez-Konzern die Mehrheit hält, ist kein Wohltäter, sondern hat sicher hart mit der Stadt über den Ausstieg aus dem Stromliefervertrag verhandelt. So wird's also leider nichts mit der Entlastung des Haushalts. Trotzdem gibt es eine gute Nachricht: Der städtische VVS-Konzern hat es geschafft, mit fast allen Blockheizkraftwerken aus der Verlustzone zu kommen, in die er nach der Energiewende gerutscht war. Das ist enorm wichtig für die wirtschaftliche Stabilität des Konzerns, und darüber freut sich auch die Verwaltung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort