Region leidet weiter unter Fluglärm

Losheim · Radau und kein Ende: Über unsere Region donnern deutschlandweit die meisten Kampfjets bei Übungsflügen. Das hat der Grünen-Bundestagsabgeordnete Markus Tressel dieser Tage in Losheim mit Zahlen belegt.

 Alltägliche Belastung für die Leute im Hochwald: Kampfjets. Foto: Arne Dedert/dpa

Alltägliche Belastung für die Leute im Hochwald: Kampfjets. Foto: Arne Dedert/dpa

Foto: Arne Dedert/dpa

Zum Reizthema militärischer Fluglärm informierte Markus Tressel, Bundestagsabgeordneter der Grünen, im Schlösschen in Losheim . Für die Menschen im Hochwaldraum ist das Getöse von Militärjets eine ständige Belastung: Das Saarland, die West- und Südpfalz sowie die Eifel liegen im Übungsluftraum der so genannten TRA-Lauter. TRA bedeutet "temporary reserved airspace", auf Deutsch: für zivile Flugzeuge zweitweise gesperrtes Fluggebiet. Dieses Gebiet ermöglicht militärische Manöver, die als unkontrollierte Sichtflüge stattfinden. Es gibt acht dieser TRAs in Deutschland sowie ein Gebiet über der Nordsee und ein variables Areal im Nordosten. Die TRA-Lauter ist die zweitgrößte in Deutschland mit einem Gebiet von 11 154 Quadratkilometern bei 2,9 Millionen Einwohnern.

In dieser TRA starten die meisten Übungsflüge (1147 pro Jahr), und sie ist am dichtesten besiedelt (263 Einwohner pro Quadratkilometer). Die Bürgerinitiative (BI) gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung, die sich 2001 gegründet hat, kennt diese Problematik lange, stellt sich den Anliegen der Betroffenen und informiert über das Thema. "Es gibt Menschen, die weniger sensibel auf den Fluglärm reagieren, es gibt aber auch Menschen, die mittlerweile richtig lärmkrank sind. Egal, wie schädlich Lärm ist oder nicht: Wir werden in unserer Region ungerecht behandelt", sagt Holger Marzen, einer der Vorstände der BI.

Nachdem Markus Tressel von der Bundesregierung und der Bundeswehr konkrete Zahlen erhalten hat, ist aus seiner Sicht klar, dass es sich beim Fluglärm nicht um das Problem von einzelnen Querulanten handelt. Zahlen belegen, dass unsere Region tatsächlich die meisten Übungsflüge in Deutschland zu verzeichnen hat. "Es ist also keine subjektive Wahrnehmung der Menschen, sondern die Belastung ist hier einfach am stärksten", erläutert Tressel.

An den Übungsflügen beteiligen sich Streitkräfte aus Deutschland, den USA (Airbase Ramstein und Spangdahlem), Frankreich, Belgien und die Niederlande. Zeitweise üben auch Piloten aus Italien und Kanada. Und das mit Kampfjets wie Tornado, Eurofighter und F-16, die teilweise mit einer Technik fliegen, die fast 30 Jahre alt ist und entsprechenden Lärm verursachen. "Da fragt man sich schon, ob die Kanadier oder andere ausländische Piloten kein Gebiet für Übungsflüge haben", ärgert sich Marzen. "Es gibt kein Gesetz, das den Fluglärm regelt, und es existieren auch keine Lärmgrenzwerte für militärische Übungslufträume. Das Fluglärmgesetz gilt nur für die Umgebung von zivilen und militärischen Flughäfen", erklärt Tressel. Für Messungen der Lärmbelästigung bestehen keine Grundlagen, so die Bundesregierung.

Mehr Starts über Nordsee angemahnt

BI und Grüne fordern gerechtere Verteilung von Übungsflügen in Deutschland

Die Lärmbelästigung wird nach Überzeugung von Markus Tressel wohl nicht aufhören. Als Grund nennt der Bundesabgeordnete der Grünen die US-Basen Ramstein und Spangdahlem, die erhalten bleiben.


Das Fluglärm-Problem hätte sich unter Umständen sogar noch verschärfen können: Für März 2016 war die Einrichtung einer gemeinsamen Übungszone mit Frankreich geplant, die auch unsere Region hätte betreffen können. Sie sollte die zivilen Flugrouten vereinfachen. "Das Projekt ist vorerst vom Tisch und ist an den französischen Fluglotsen gescheitert, nicht an der Lärmproblematik", betont der grüne Bundestagsabgeordnete Tressel.

Pläne gescheitert

Trotz des Scheiterns dieser Pläne wird die Lärmbelästigung nach Tressels Überzeugung wohl nicht wirklich aufhören, denn die US-Basen Ramstein und Spangdahlem sollen langfristig erhalten bleiben. Ab 2019 ist die Verlegung von US-Einheiten aus England geplant, und die Zahl der Betankungs- und Transportflugzeuge wird sich auf 35 erhöhen.

Darunter befinden sich auch laute, hubschrauberähnliche "Osprey"-Kipprotorflugzeuge, mit denen die US-Air-Force in England regelmäßig von 23 bis zwei Uhr nachts in geringer Höhe geübt hat. Nach der Grünen-Anfrage wurde auch die saarländische Landespolitik aktiv und fordert eine Anhebung der Flughöhe auf 4000 bis 5000 Meter.

Die Bundesregierung steht dieser Forderung nach Tressels Darstellung eher ausweichend gegenüber. "Die Anhebung soll eine Ausnahme bleiben und es soll nur eine fallweise Anhebung geben, wenn keine besonderen Gründe entgegen stehen", habe die Bundesregierung auf Anfrage mitgeteilt. Trotz allem habe sich gezeigt, dass das Problem militärischer Fluglärm für Parteien aller Couleur zum Thema geworden ist, man sich nicht mehr den Zahlen verschließen und "gutgläubig" den Ausführungen des Militärs folgen könne. "Die Politik ist endlich sensibilisiert gegenüber der Wahrheit", so formuliert es BI-Vertreter Marzen.

BI und Grüne fordern weiter eine gerechtere Verteilung der Übungsflüge in Deutschland. "Durch eine gleichmäßige Verteilung in den TRAs, wie zum Beispiel über der Nordsee, könnte der Fluglärm halbiert werden", ist sich Tressel sicher und betont: "Wir müssen weiterhin mit der Bundeswehr im Gespräch bleiben und das Thema auf der Tagesordnung lassen."

Hintergrund Die erlaubten Flugzeiten in der TRA-Lauter sind: montags bis donnerstags von 8 bis 23.30 Uhr, freitags von 8 bis 17 Uhr, im Sommer freiwillige Beschränkung bis 21 Uhr. Überschallflüge sind ab 12 000 Metern Flughöhe erlaubt und in der Mittagszeit untersagt. rso

 Fluglärm macht krank, klagt die BI. Foto: Carsten Rehder/dpa

Fluglärm macht krank, klagt die BI. Foto: Carsten Rehder/dpa

Foto: Carsten Rehder/dpa

Auf einen Blick Die Forderungen der Bürgerinitiative gegen den Fluglärm gliedern sich auf in kurzfristige Sofortmaßnahmen und mittelfristige Schritte zur Reduzierung des Fluglärms. Sofortmaßnahmen: Keine Übungsflüge nach 18 Uhr und am Freitagnachmittag (Gleichbehandlung mit anderen TRAs), keine Übungsflüge unterhalb der TRA, keine Überschallflüge , Beplanung darf nur noch im Mittelfeld liegen (derzeit ist die TRA Lauter Spitzenreiter), keine Flüge von nicht hier stationierten ausländischen Piloten. Mittelfristige Maßnahmen: Verlagerung der Übungsflüge von der TRA-Lauter über die Nordsee, Auflösung der TRA Lauter. "Wenn man 30 Jahre mehr als das Doppelte an Übungsflügen ertragen hat, müssen 30 Jahre ohne Lärm folgen, damit wieder Gerechtigkeit hergestellt ist", sagt Holger Marzen. Gesundheit, Sicherheit, Lebensqualität und Landschaftsschutz müssen laut der Bürgerinitiative gegen Fluglärm den Vorrang vor allen militärischen Belangen haben. Sie fordert den sofortigen Bau von Lärmschutzhallen und Lärmschutzmauern. rso

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